Erschreckende Unterschiede
Wir werden heute also nicht unbedingt viel älter, es sind nur schlichtweg mehr Menschen, die ein sehr hohes Lebensalter erreichen und somit den Schnitt anheben – zumindest in den Industrienationen, wo eine gute medizinische Versorgung ebenso gewährleistet ist wie die Möglichkeit, sich ausgewogen zu ernähren, sich über Gesundheit zu informieren und neben der Arbeit auch ein erfülltes Sozialleben führen zu können. Von besonderer Bedeutung für die Veränderung war etwa die sogenannte „kardiovaskuläre Revolution“ in den 1960er und 1970er Jahren, in der sich neue Behandlungsmethoden für Herz-Kreislauferkrankungen etablierten, wodurch diese deutlich häufiger als vorher und für einen längeren Zeitraum überlebt wurden. Wer jetzt versucht ist, laut „Aber“ zu rufen, hat natürlich recht: Auch in vergleichsweise reichen Ländern wie dem unseren gibt es Menschen, auf die die oben genannten lebensverlängernden Faktoren nur eingeschränkt zutreffen. „Hohes Alter, aber nicht für alle“ lautet denn auch treffend der Titel einer 2017 erschienenen Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, die übrigens, wie andere aktuelle Studien auch, zu zum Schluss kommt, dass bei 100, spätestens 115 Jahren die Obergrenze des biologisch erreichbaren Alters liegt.
Doch zunächst zum Punkt „nicht für alle“: Neben einigen zumindest teilweise beeinflussbaren Faktoren (siehe Infokasten auf Seite xx) gibt es nämlich noch weitere, ziemlich erschreckende Aspekte, die dazu führen, dass wir ein eher hohes Lebensalter erreichen – oder eben gerade nicht. Ganz weit vorne: Der Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit bzw. Krankheit. Besonders augenfällig ist er beim Vergleich einzelner Länder: Es ist sicher kein Zufall, dass sich von den zehn Ländern mit der weltweit niedrigsten Lebenserwartung neben Afghanistan ganze neun auf dem ausgebeuteten afrikanischen Kontinent befinden (vgl. Infokasten auf Seite XX). Der Unterschied zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung ist eklatant: Während Menschen im reichen Monaco im Schnitt mit 89,5 Jahren das Zeitliche segnen, sterben jene im bitterarmen Tschad bereits mit 50,2 Jahren – ein Unterschied von beinahe 40 Jahren! Natürlich hängt dieser statistische Durchschnittswert auch hier mit der hohen Kindersterblichkeit sowie kriegs- und terrorbedingten Verlusten zusammen, daneben aber spielen weitere Aspekte wie fehlende medizinische Versorgung (und infolgedessen z.B. eine hohe Müttersterblichkeit bei der Geburt) und weit verbreitete Mangel- und Unterernährung eine Rolle. Themen, die jedes für sich schon einen ganzen Artikel wert wären, die aber in diesem nur am Rande erwähnt werden können.