Mit dem zunehmenden gesellschaftlichen Interesse am Thema Gesundheit und Ernährung scheint insbesondere die Frage nach dem Protein eine herausragende zu sein. Eiweiße – ein weites Feld, das gar nicht so unüberschaubar ist, wie man meinen mag.
Autorin: Caroline Redka
Wurdest du beim Essen schon einmal gefragt, woher du deine Fette und Kohlenhydrate beziehst? Vermutlich nicht. Wenn es um das Thema Proteine geht, wird es aber beizeiten schon mal emotional, denn insbesondere als Veganer*in erweckt man schnell die Besorgnis anderer um den eigenen Eiweißhaushalt. Seltsam eigentlich, wo vegane Ernährung doch mittlerweile kein Nischenthema mehr ist und der Haferdrink in manch Büro-Kaffeeküche schon seinen festen Platz hat. So seltsam aber auch wieder nicht, denn wirft man einen Blick in die Supermarktregale, dann wird man mit der enormen Präsenz des Begriffes „Protein“ konfrontiert werden. Da gibt es neben Proteinshakes und -riegeln auch Protein-Haarkuren, High-Protein-Joghurt, „Skyr“, Protein-Chips, Protein-Desserts oder Eiweißbrote. Die Extraportion Protein gilt als neues Qualitätssiegel für Lebensmittel – um kaum einen anderen Nährstoff gibt es im Moment so einen großen Hype. Zu Recht?
WIE ALLES BEGANN
Die Forschungsgeschichte, der Diskurs um die Zusammensetzung des Proteins sowie der Prozess zu dessen Namensgebung – ein langer Weg, der gegangen werden musste. Rund 200 Jahre hat es gedauert, bis sich der Begriff in der Forschung etabliert hatte und schließlich in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts anerkannt wurde. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden unterschiedliche Eiweißstoffe – teils tierischer, teils pflanzlicher Herkunft miteinander verglichen, um in deren Strukturen mögliche Analogien zu entdecken und sie somit klassifizieren zu können. Der früher verwendete Begriff des Eiweißstoffes wird in der entsprechenden Literatur des 18. Jahrhunderts erstmals von dem Apotheker und Chemiker Caspar Neumann verwendet, der das Wort Eiweiß dazu benutzte, um das Weiße des Hühnereis zu beschreiben. Die Analyse von pflanzlichen und tierischen Stoffen unter der Berücksichtigung dieses „Eiweißes“ sollte sich für eine lang Zeit halten. Mit der sogenannten Eiweißfraktionierung und der Elementaranalyse versuchte man, Methoden zu einer gelungenen Eiweißcharakterisierung zu finden. In Deutschland wurde im 18. Jahrhundert am Thaerschen landwirtschaftlichen Lehrinstitut vor allem anhand von Getreidekörnern fieberhaft versucht, mehr über die Zusammensetzung der so vielseitigen Eiweißstoffe herauszufinden. Mit Erfolg, denn so entdeckte der Agrikulturchemiker Heinrich Einhof in der näheren Untersuchung von Hülsenfrüchten Eiweißstoffe, die später als Pflanzenglobuline klassifiziert wurden. In den darauffolgenden Jahren hantierte man mit Weizenkleber, Stärke, Zein aus Mais und den alkohol- oder wasserlöslichen Stoffen von Pflanzenkleber. Mit den Forschungsergebnissen des Holländers Gerrit Mulder, erreichte schließlich die Untersuchung von Eiweißstoffen um 1830 einen Höhepunkt. Dieser ging von einer Grundzusammensetzung aller Eiweiße aus – ganz gleich ob tierischer oder pflanzlicher Natur. Diesen Grundstoff nannte Mulder auf Anraten von Jöns Jakob Berzelius „Proteine“. Doch Mulder sollte sich geirrt haben, denn die Idee davon, dass alle Proteine auf einer gemeinsamen Substanz basieren, wurde nach einem heftigen Streit mit dem deutschen Chemiker Justus von Liebig, der in den darauffolgenden Jahren zahlreiche gewinnbringende Erkenntnisse vorweisen konnte, verworfen und konnte widerlegt werden. Die Bezeichnung Protein wurde allerdings beibehalten, denn mit ihr war erstmals ein Begriff für alle Eiweißstoffe, die pflanzlichen wie die tierischen, die globulären wie die fibrilären gefunden worden. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es bezüglich der chemischen und physikalischen Natur von Eiweißstoffen viele offene Fragen, der Begriff Protein setzte sich allerdings peu à peu im internationalen Sprachgebrauch durch. Schließlich war es oben genannter Justus von Liebig,der in Deutschland mit seiner unermüdlichen Arbeit maßgeblich dazu beitrug, ein schlüssiges Bild von der Struktur und der Funktion von Proteinen zu zeichnen und damit den Grundstein für das Wissen, das wir heute darüber haben, legte.
DIE BESCHAFFENHEIT DES PROTEINS Die Bausteine von Proteinen sind sogenannte proteinaufbauende Aminosäuren – organische Verbindungen, die sich aus Kohlen-, Wasser-, Sauer- und Stickstoff zusammensetzen und durch Peptidbindungen zu Ketten verbunden sind. Bis auf wenige Ausnahmen bestehen alle Eiweiße im menschlichen Körper aus diesen Aminosäuren, die entweder mit der Nahrung aufgenommen oder durch den Stoffwechsel körpereigen gebildet werden können. Neben dem menschlichen Organismus entwickeln auch Tiere, Pflanzen, Pilze, Bakterien und Hefen auf diese Weise Eiweiße. Proteine sind im Wesentlichen der Baustoff für unsere Zellen und das Gewebe, Muskelfasern, Sehnen, Bänder, Haare, Haut und Organe sowie das Blut. Auch die Antikörper unseres Immunsystems, Enzyme, Neurotransmitter, Hormone und Signalstoffe bestehen aus den Aminosäure-Verbindungen. Bis in die dreißiger Jahre hinein war noch nicht sicher, ob Erbinformationen,also unsere Gene, in Proteinen oder der DNA verankert sind. Mittlerweile ist klar: Die DNA ist für die Vererbung zuständig. Und doch kommt dem Eiweiß auch hier eine tragende Rolle zu, denn Proteine, so weiß man heute, sind die Grundlage für die Ausbildung von Merkmalen. Wer sich an den Biologieunterricht zurückerinnert, der weiß möglicherweise noch, dass Merkmale durch die Reihenfolge ihrer Aminosäuren bestimmt sind und die genetische Information der DNA in die Aminosäurenfolge der Proteine übersetzt wird. Diesen Übersetzungsprozess bezeichnet man als Proteinbiosynthese. Wir merken es schon – Proteine haben in unserem Körpers eine mächtige Rolle, denn sie sind an nahezu allen biochemischen Vorgängen beteiligt. Wenn man so will, dann sind sie der Kitt, der uns zusammenhält, denn sie finden sich in allen Zellen unseres Körpers wieder
KOMBINATIONS-IDEEN MIT EINER HOHEN BIOLOGISCHEN WERTIGKEIT:
Spätzle mit Linsen
Nudeln mit Linsenbolognese und Cashewparmesan
Chili sin Carne mit Mais,Bohnen und Tofu oder Seitan
Linsendal mit Reis
Haferflocken mit Sojamilch und Mandelmus
Brot mit Hummus
Falafel mit Salat und Vollkornbrot
Gebratenes Gemüse mit Kartoffeln und Sojajoghurt
Quinoa mit Kichererbsen, Brokkoli und gerösteten Nüssen
Cannelloni mit Tofu-Spinat-Füllung
DIE PROTEINFUNKTION IM MENSCHLICHEN ORGANISMUS Neben Fetten und Kohlenhydraten zählen Eiweiße zu den wichtigsten Nährstoffen, die der Körper benötigt. Entsprechend des großen Vorkommens von Proteinen im menschlichen Köper sind auch die mannigfaltigen Funktionen, die sie in unserem Organismus erfüllen. Um die Funktionsvielfalt der Proteine aufzuzeigen, seien im Folgenden einige besonders wichtige Proteinarten herausgestellt. TRANSPORTPROTEINE sind durch die Verkettung der ihnen inhärenten Aminosäuren besonders stabil und beweglich und in der Lage dazu, Stoffe optimal durch die Blutbahnen zu transportieren. Besonders bekannt sind in diesem Zusammenhang das Hämoglobin, ein Protein, das für die Zirkulation von Sauerstoff im Körper zuständig ist sowie Ferritin, das für die Aufnahme und Speicherung von Eisen in der Leber wichtig ist. ENZYME bestehen ebenfalls aus Proteinen und sorgen für die Funktion von Stoffwechselreaktionen wie Zucker- und Fettabbau. Sie werden vor allem für den Verdauungsprozess benötigt und sind außerdem für die Erzeugung der DNA unabkömmlich. Wer in der letzten Ausgabe der VEGAN WORLD den Artikel über unser Immunsystem gelesen hat, der hat dort bereits erfahren, dass auch Antikörper aus Proteinen (IMMUNPROTEINE) gebildet werden und dabei helfen, Infektionen abzuwehren und die Zerstörung von Antigenen, Bakterien und Pilzen zu unterstützen. Besonders interessant ist, dass auch die Hormonbildung- und Regulierung durch Proteine funktioniert, die notwendig für die Steuerung von Körperfunktionen und Organen ist. Ein Beispiel für ein Proteinhormon ist das Sekretin, das die Bauchspeicheldrüse und den Darm stimuliert, um den Verdauungsprozess in Gang zu setzen und Verdauungssäfte zu produzieren. Die Proteine, die unseren Organismus quasi modellieren sind STRUKTURPROTEINE, der Gerüststoff von Bindegwebe und Zellen, die Stützsubstanz für Knorpel, Knochen, Sehnen, Haare, Nägel & Co. Strukturproteine gelten als eine der Hauptklassen der Proteine und spielen übrigens auch in der Tierwelt eine herausragende Rolle. Zu ihnen zählen beispielsweise Seidenproteine von Insekten oder Spinnen und sie sind außerdem ein Hauptbestandteil der Körperhülle von Gliederfüßlern. Die genannten Wirkungsbereiche von Proteinen sind nur eine Auswahl aus Dutzend weiteren, denn die vielfältigen Funktionen der Eiweiße lassen sich auf die diversen Aminosäuren aus denen Sie bestehen zurückführen. Proteine werden durch einundzwanzig verschiedene Aminosäuren aufgebaut, die wiederum in unterschiedlicher Folge und Anzahl miteinander verknüpft sein können. Die große Zahl an Kombinationsmöglichkeiten, die sich daraus ergibt, erklärt die immense Vielfalt an Proteinen sowohl im menschlichen, als auch im tierischen und pflanzlichen Organismus. So weit, so vielfältig also.
DIE PROTEINZUFUHR Während Pflanzen aufgrund ihres autotrophen Organismus dazu fähig sind, alle Aminosäuren zur Proteinerzeugung selbst herzustellen, kann der menschliche Körper neun der proteinogenen Aminosäuren nicht synthetisieren und muss deshalb darauf achten, sie regelmäßig mit der Nahrung zuzuführen. Bei diesen „unentbehrlichen“ Aminosäuren handelt es sich um Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin,Theronin, Tryptophan, Valin und Histidin wobei letzterer Stoff vor allem für Säuglinge essentiell ist. Was die Angabe von konkreten Werten einer optimalen Proteinzufuhr betrifft, so gilt diese seit jeher als umstritten. 2017 allerdings wurden die diesbezüglichen Referenzwerte überarbeitet und neue Schätzwerte abgegeben, die sich mittlerweile auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema etabliert haben. Die Werte werden in g/kg Körpergewicht pro Tag und unter der Berücksichtigung eines normalgewichtigen Körpers berechnet.
Pflanzenproteine vs. | Tierische Proteine (Angaben pro 100 g) |
Tofu, fest: 16 g | Schweinefleisch, gegart: 28 g |
Seitan: 28 g | Wildlachs: 20 g |
Tempeh: 20 g | Shrimps: 19 g |
Linsen gekocht: 12 g | Skyr (natur): 11 g |
Haferflocken: 13 g | Körniger Frischkäse: 13,3 g |
Sojadrink, ungesüßt: 3,7 g | Kuhmilch: 2 g |
Margarine: 0,2 g | Butter: 0,9 g |
Sojajoghurt: 4 g | Joghurt: 3 g |
Walnüsse: 16 g | Ei, gekocht: 12 g |
Erndnussmuss: 30 g | Forelle, gegart: 30 g |
Erbsen: 6 g | Griechischer Joghurt: 8 g |
Sonnenblumenkerne: 20 g | Hühnchenbrust: 20 g |
DIE BIOLOGISCHE WERTIGKEIT Bei der Zufuhr von Proteinen spielt die biologische Wertigkeit eine große Rolle. Wer sich gerne sportlich betätigt und schon mal zu Eiweißpräparaten wie Shakes oder Proteinriegeln gegriffen hat, der wird sich möglicherweise auch mit der auf den Produkten angegebenen Zahl (90 oder 100) beschäftigt haben. Diese Zahlen beschreiben die biologische Wertigkeit des Eiweißes, um die Qualität der enthaltenen Proteine besser einordnen zu können. Es lässt sich daran bestimmen, in welchem Umfang das Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgewandelt und optimal aufgenommen werden kann. Dabei gilt die Faustregel: Je höher der Gehalt an proteinogenen und essenziellen Aminosäuren ist, desto hochwertiger ist das enthaltene Eiweiß. Es bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass eine hohe biologische Wertigkeit nicht auch zwangsläufig eine gute Qualität des entsprechenden Produkts mit sich führt, da der Gehalt an wichtigen Mineralstoffen und Vitaminen nicht berücksichtigt wird. Als Maßstab zur Beurteilung der biologischen Wertigkeit wird das Hühnerei mit einem optimalen Wert von 100 herangezogen – ein Referenzwert, an dem alle anderen Lebensmittel gemessen werden. Da tierische Proteine im Aufbau der Aminosäurestrukturen den menschlichen stark ähneln, wird davon ausgegangen, dass sie sich vom Körper besser aufnehmen und schneller verarbeiten lassen. Tierische Lebensmittel liefern außerdem alle essenziellen Aminosäuren, wohingegen pflanzliche Lebensmittel meist einen Mangel an der ein oder anderen Aminosäure aufweisen. Hülsenfrüchten etwa mangelt es an schwefelhaltigen Aminosäuren, sie weisen dafür aber einen sehr hohen Lysin-Gehalt auf. Nüsse wiederum können mit sauren Aminosäuren punkten, sind aber arm an schwefelhaltigen Aminosäuren. Durch eine geschickte Kombination von Lebensmitteln können Aminosäuren aber ergänzt und kann die biologische Wertigkeit der Mahlzeit optimiert werden. Auch wenn es vielleicht so erscheinen mag, als sei der Konsum tierischer Produkte die effizienteste Methode, um den Proteinbedarf zu decken, so sollten auch die Nachteile berücksichtigt werden. Mit tierischen Proteinen geht eine erhöhte Aufnahme von gesättigten Fetten und Cholesterin einher, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern kann. Pflanzliche Lebensmittel hingegen reduzieren dieses Risiko und liefern zusätzlich mehr Nährstoffe, Ballaststoffe und Vitamine. Studien haben gezeigt, dass in Deutschland im Schnitt weit mehr tierisches Eiweiß (Fleisch, Wurst, Käse und Milch) pro Person verzehrt wird, als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen wird. Der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fleischwaren und Übergewicht zeigt sich insbesondere bei Personen, die mehr als einmal pro Tag auf Wurst- oder andere Fleischwaren zurückgreifen. Tierische Proteine sind außerdem im Schnitt säurehaltiger als pflanzliche Proteine, was zu einer großen Belastung für die Nierentätigkeit werden kann und nicht selten zu sogenannten Eiweißspeicherkrankheiten wie Blutdruck oder Diabetes führt. Nicht umsonst wird bei einem Blutdruck zum „tierischen Eiweißfasten“ geraten. Seit langer Zeit wird außerdem ein erhöhter Konsum tierischer Proteine, insbesondere von Fleisch, mit einem Anstieg des Krebsrisikos in Verbindung gebracht. Tatsächlich lässt sich diese Annahme auf der Basis zahlreicher Studien und Testreihen nicht von der Hand weisen und so stuft auch die WHO verarbeitetes Fleisch als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Allerdings ist sich die Medizin derzeit noch uneinig darüber, inwieweit dieses Ergebnis auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar ist. Bei all der Diskussion bleibt eines Fakt: Mit einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährungsweise und einer guten Kombination von Nahrungsmitteln steht die Qualität der Proteinzufuhr durch pflanzliche Lebensmittel der tierisch basierten in nichts nach. Die Zeiten, in denen eine vegane Ernährung sich auf „Beilagen“ beschränkte oder zu Unrecht als einseitig abgetan wurde sind längst vorbei. Der Blick auf die Vielfalt unserer heimischen Getreide- Obst- und Gemüsesorten hat sich gerade in den letzten Jahren immer weiter verschärft und so sind in Vergessenheit geratene Energiequellen pflanzlicher Natur wieder im Fokus des Interesses und erfahren eine neue Wertschätzung.
PFLANZLICHE PROTEINQUELLEN Bei einer pflanzlichen Ernährungsweise gilt also: Die Mischung macht’s! Wichtig ist es, als Veganerin darauf zu achten, dass die Essgewohnheiten nicht zu einseitig sind. Wer neben einer ausgewogenen Ernährung aus Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen, Obst und Gemüse auch noch auf eine clevere Kombination der Lebensmittel achtet, der kann seinen Proteinbedarf ebenso gut wie Vegetarier*innen oder Omnivor*innen decken. Häufig konsumieren Veganer*innen intuitiv Lebensmittel, die einen hohen Wert an Proteinen aufweisen und kombinieren diese ganz natürlich miteinander. Wer einen Blick in ein veganes Kochbuch oder auf die Rezeptstrecken der VEGAN WORLD wirft, der wird schnell erkennen, dass hier oft nach dem Prinzip „A Grain, a Green, a Bean“, also ein Getreide, ein Gemüse und eine Hülsenfrucht, gearbeitet wird. Als Faustregel beim Kochen könnte beispielsweise gelten: Kombiniert man Getreide, Reis oder Quinoa mit Hülsenfrüchten oder Sojaerzeugnissen und gibt zu guter Letzt Samen oder Nüsse hinzu, dann hat man mit Sicherheit eine Mahlzeit kreiert, die reich an Proteinen ist. Als besonders geeignet für Kombinationen und ausreichend proteinreich gelten Soja, Kichererbsen, Linsen, Spirulina, Roggen, Sonnenblumenkerne, Erdnüsse, Kartoffeln, Reis, Weizen, Erbsen, Bohnen und Mais. Die beiden letztgenannten schneiden in der Kombination übrigens mit ihrer biologischen Wertigkeit besser ab als fast alle anderen tierischen Proteine (ausgenommen Ei).
DAS NEUE „FLEISCH“
Viele Sportler*innen greifen mittlerweile auf pflanzliches Protein zurück, um ihren Muskelaufbau zu unterstützen, gleichzeitig die Fettverbrennung zu aktivieren und den Körper mit Vitalstoffen zu versorgen. Hanf-, Sonnenblumenkern-, Reis- oder Erbsenprotein und auch Lupineneiweiß werden immer häufiger anstelle von auf Milchpulver basierten Proteinshakes konsumiert. Pflanzenproteine sind Trend – und das nicht nur in der Fitnessbranche. Insbesondere bei der Herstellung von Fleischalternativen hat sich viel getan. Neben Tempeh, Seitan und Tofu wird mittlerweile verstärkt mit sogenannten Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen, Kichererbsen und Lupinen geforscht. Proteine können durch verschiedene Verfahrensweisen, die fermentativ, enzymatisch oder chemisch sein können, in ihren Eigenschaften bzw. ihrer Beschaffenheit verändert werden. Faktoren wie Löslichkeit, Emulgierfähigkeit oder auch die Schaumaktivität (besonders bei „Pflanzenmilch“ gewünscht) können durch eine sogenannte Hydrolyse verbessert und durch die Kombination von verschiedenen pflanzlichen Eiweißzutaten optimiert werden. Mithilfe hochmoderner Verfahrenstechniken und Fermentierungsprozessen lassen sich pflanzliche Eiweißträger so bearbeiten, dass ihr Geschmack und ihre Textur verändert werden können. So gibt es mittlerweile auf Erbensproteinen basierte Burgerpatties, die in ihrer Struktur kaum mehr von Fleisch zu unterscheiden sind. Erbsenprotein bringt eine besondere Gelbildungseigenschaft mit sich, die außerdem für die Erzeugung von käseähnlichen Strukturen sehr interessant ist. Der Haken: Die Erbse hat in der Regel einen starken Eigengeschmack. Aktuell können Verbraucher*innen sich über den Genuss von Käsealternativen auf Cashewbasis freuen, die zwar noch recht kostspielig, aber dafür sehr „umami“ sind. Die Statistiken und Wachstumszahlen zeigen deutlich, dass die Nachfrage nach Produkten auf Pflanzenproteinbasis stetig steigt. Während der Absatz besonders im Bereich der Sportlernahrung gewachsen ist, wird auch ein allgemein ansteigendes Gesundheitsbewusstsein beobachtet. Dies führt zu einem starken Interesse an vegetarischer oder veganer Ernährung und nährstoffreichen Proteinquellen, die einen geringen Fettanteil aufweisen wie es etwa bei Hülsenfrüchten der Fall ist. Im europäischen Raum kann übrigens unser Nachbarland Frankreich die höchste Wachstumsrate in Bezug auf den Absatz pflanzlich basierter Produkte vorweisen. Als Hauptgründe werden zunehmende Nahrungsmittelunverträglichkeiten (beispielsweise Laktoseintoleranz) sowie die Hinwendung zu fettarmen Proteinalternativen genannt. Die Produktion von Pflanzenproteinen wird in Frankreich außerdem durch die Regierung gefördert, die einen vergleichsweise geringen Verbrauch von Ressourcen im Herstellungsprozess von Fleisch- und Milchalternativen sieht.
OHNE PROTEINE KEIN LEBEN
Kehren wir nun zu unserer Ausgangsfrage zurück: Ist der große Hype um das Protein gerechtfertigt? Die Antwort ist: ja! Nicht umsonst stammt das Wort Protein vom griechischen proteuo ab, was so viel heißt wie „Ich nehme den ersten Platz ein“ (abgeleitet von protos = wichtigstes). Fest steht, dass Proteine ohne jeden Zweifel als die Bausteine unseres Körpers bezeichnet werden können, denn sie transportieren, bauen, reparieren und verbinden, bauen das Bollwerk Körper auf und halten es am Laufen. Wer sich ausgewogen ernährt, sich mit den Inhaltsstoffen von Lebensmitteln auseinandersetzt und generell auf seine Gesundheit achtet, der muss sich normalerweise keine Gedanken über seinen Proteinhaushalt machen. Bei Schwangeren, stillenden Müttern, Veganerinnen und Sportlerinnen sollte das Thema dennoch etwas mehr in den Fokus der Ernährungsweise gerückt werden. Doch wie so oft gilt auch in diesem Fall: Lass dich nicht verrückt machen und achte auf die Signale deines Körpers.