Du möchtest vegan(er) werden? Super! Doch Achtung: Du wirst auch einige Menschen (neu) kennenlernen, die dir ganz dringend was erzählen wollen. Eine kleine Typologie* …
1. DIE OBERLEHRERIN
Typischer Satz: „Das ist aber inkonsequent!“
Wo du ihr begegnest: Im Freundeskreis, auf der Arbeit, in der Familie …
Was sie dir zu sagen hat: Dass du gar nicht „richtig“ vegan bist, solange du noch
deine alten Lederschuhe trägst, ab und zu eine Mücke erschlägst, Avocados mit böser Ökobilanz isst usw.
Warum sie das tut: Weil sie sich dir tief innen unterlegen fühlt und sich selbst bestätigen möchte, dass sie kein schlechterer Mensch ist als du einer bist, nur weil sie (noch) nicht ganz von Fleisch & Co.
lassen kann.
Wie du darauf reagieren kannst: Du magst sie und hast gerade Energie für eine Diskussion? Dann erkläre ihr ruhig und sachlich deine Beweggründe und sag ihr, dass die Welt mehr von vielen 80-Prozent-Veganer*innen hat als von wenigen hundertprozentigen (die es sowieso kaum geben kann). Ihr seid nicht so dicke? Dann gib ihr einfach kurz und knapp recht: „Stimmt, da bin ich inkonsequent.“ Das nimmt ihr den Wind aus den Segeln.
2. DER GESUNDHEITSEXPERTE
Typischer Satz: „Und woher bekommst du deine Proteine?“
Wo du ihm begegnest: Überall – on- und offline.
Was er dir zu sagen hat: Dass er deine Ansätze ja grundsätzlich nicht schlecht findet und sich lediglich Gedanken um deine Gesundheit macht.
Warum er das tut: Evtl. macht er sich wirklich Sorgen. Allerdings könnte er sich dann auch einfach mal informieren, von daher ist ein anderer Grund wahrscheinlicher: Durch deinen Entschluss, vegan zu leben, stellst du seinen Fleischkonsum infrage – selbst, wenn du ihn gar nicht darauf ansprichst. Darum hat er das Gefühl, diesen verteidigen zu müssen und greift zum erstbesten Argument, das ihm einfällt.
Wie du darauf reagieren kannst: Optimalerweise bist du gut vorbereitet und zählst auf seine Protein-, Eisenoder sonstigen Nachfragen schnell ein paar Lebensmittel auf (Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen etc.). Gerne gefolgt von einem: „Und du so?“ Kommt besonders gut, wenn es sich bei dem Gesundheitsexperten um einen Saufkumpel von dir handelt und ihr gerade im Fast-Food-Restaurant sitzt. Denn ja, dort treibt sich diese Art von Gesundheitsexpertinnen gar nicht mal so selten rum!
3. DIE WIRTIN
Typische Sätze: „Nein, da ist kein Fleisch an den Bratkartoffeln. Der Speck? Der ist doch bloß für den Geschmack …“
Wo du ihr begegnest: Im Landgasthof
Was sie dir zu sagen hat: Dass so komplizierte Esserinnen wie du sich doch nur selbst das Leben schwer machen – und ihr gleich mit.
Warum sie das tut: Oft meint sie es nicht böse und hat wirklich keine Ahnung – warum auch immer. Manche Wirtinnen-Exemplare möchten ihre Gäste aber auch gern ein wenig erziehen. Sie ist schließlich die Expertin, die weiß, was gut ist. Da sollte man bitteschön ruhig mal ein
bisschen auf sie hören!
Wie du darauf reagieren kannst: Mit Nachsicht und Geduld. Sie hat einen stressigen Job, Extrawünsche machen ihn noch komplizierter. Wenn ihr freundliche Veganerinnen immer wieder ruhig erklären, warum Käsespätzle, Fischstäbchen oder eben Bratkartoffeln mit Speck nicht vegan sind, wird sie vielleicht irgendwann auf den Gedanken kommen, ein wirklich veganes Gericht fix in die Speisekarte aufzunehmen. Oder gar zwei?
4. DER WITZBOLD
Typischer Satz: „Darauf erst mal ein schönes, blutiges Steak!“
Wo du ihm begegnest: Vor allem auf Social-Media-Plattformen. Hin und wieder auch in der Kneipe oder auf Familienfeiern Was er dir zu sagen hat: Dass du seinem Essen das Essen weg isst beziehungsweise eigentlich gar nicht mehr isst, sondern grast, dass „Vegetarier“ das indianische Wort für „zu faul zum Jagen“ ist und dass er sich ja auch keinen Salat aus Hack bastelt …
Warum er das tut: Weil er in den meisten Fällen letzlich – verzeih das Wortspiel – eine arme Wurst ist, die ihren Frust loswerden möchte über Menschen, die ihn durch ihr „Anders-Sein“ aus seiner Gemütlichkeit reißen. Seltener ist er einfach ein harmloser Spaßvogel, der sowieso über alles und jeden Witze macht.
Wie du darauf reagieren kannst: Am besten gar nicht – erzählst du ihm, dass du seine Gags unlustig findest, wird er das nur als Bestätigung nehmen, dass Veganerinnen grundsätzlich humorlos und unsinnlich sind. Du teilst seinen Humor, so ganz super-selbstironisch? Okay,
na dann … äh … viel Spaß! Schenk ihm ein Lach-Emoji oder einen Daumen hoch,
dann freut er sich.
5. DAS ONLINEDATE, VEGGIE-VERSION
Typische Sätze: „Vegan zu leben ist für mich auch eine spirituelle Erfahrung. Aber
das kennst du ja sicher.“
Wo du ihm/ihr begegnest: Auf Finya, OkCupid, Gleichklang … Was er/sie dir zu sagen hat: So einiges! Über seine/ihre Reisen nach Indien, Therapieerfahrungen, Coaching-Ausbildungen und natürlich Mutter Erde, mit der er/sie sich seit dem Entschluss, vegan zu leben, so viel mehr verbunden fühlt als vorher.
Warum er/sie das tut: Weil er/sie die leise Hoffnung hat, in dir einen Seelenverwandten gefunden zu haben.
Wie du darauf reagieren kannst:
Tickst du ähnlich, fühlst du die Seelenverwandtschaft? Na dann: Glückwunsch und viel Vergnügen, ihr beiden! Ist dir das ein bisschen zu viel Kosmosverbundenheit? Dann wünsche diesem sensiblen Wesen alles Gute und versichere ihm, dass da draußen sicher noch der*die Eine wartet und dass vermutlich nur noch nicht der passende Zeitpunkt für diese Liebe gekommen ist.
Teil 2 folgt …