Wenn die Zunge Tango tanzt …



Zwiebelpralinen, Rote-Bete-Sorbet oder Rosenkäse: Schräge Geschmackskombinationen liegen im Trend. Wie wir Aromen wahrnehmen, wann sich kulinarische Gegensätze anziehen und wie du selbst kreativ werden kannst!

Wie wir schmecken

Nase verstopft, Geschmackssinn weg? Kein Wunder! Zwar befinden sich auf dem Zungenrücken eines erwachsenen Menschen rund 5.000 Geschmacksknospen, die zwischen süß, salzig, sauer, bitter und umami (in etwa: herzhaft-zusammenziehend) unterscheiden können – die Feinheiten, also das typische Aroma einer Speise, nehmen wir jedoch über unseren Geruchssinn wahr. Unsere Zunge leistet sozusagen nur die grobe Vorarbeit, für ca. 80 Prozent dessen, was wir schmecken, ist aber unsere Nase verantwortlich, weshalb uns Erkältungen auch den Appetit verderben können.

Andere Länder, andere Sitten

Sage mir, was dir schmeckt und ich sage dir, woher du kommst? Könnte klappen, vor allem beim Blick auf das Frühstück. Während man etwa in Japan gern mal zu salzig eingelegten grünen Pflaumen greift, dürfen’s in England gebackene Bohnen sein und in Frankreich ein Croissant. Was uns hierzulande mundet, verursacht anderswo mitunter Kopfschütteln – und umgekehrt. Das liegt unter anderem daran, dass unser Geschmacksempfinden zum großen Teil erlernt ist und sich z.B. je nach Verfügbarkeit der landestypischen Nahrung entwickelt. Lebensmittel und Gewürze, die wir als Kinder regelmäßig zu uns nehmen, werden als „Geschmacksmuster“ im Hirn abgespeichert, mit denen später neue Eindrücke verglichen werden.

Die Pioniere

Wir lernen also, was uns schmeckt – und wir lernen nie aus. Mitunter wird es dem Kinofilm „Chocolat“ aus dem Jahr 2000 zugeschrieben, dass in den Confiserien der westlichen Welt plötzlich wie wild mit allerlei exotischen Gewürzen experimentiert wurde. Ob dem tatsächlich so ist oder ob der Trend einfach in der Luft lag, bleibt ein Geheimnis. Tatsache aber ist, dass im neuen Jahrtausend vor allem im Bereich Schokolade und Eiscreme die wildesten Variationen entwickelt wurden. Eine berühmte Kreationen des Gastro-Revoluzzers Heston Blumenthal ist denn z.B. auch sein Schokomuffin mit Blauschimmelkäse. Der Brite tauscht sich regelmäßig mit dem Lebensmitteltechniker und Parfumeur François Benzi aus und gilt als einer der Vorreiter des sogenannten Foodpairing-Trends, den seit 2007 eine gleichnamige Agentur aus – Zufall? – dem Süßwarenparadies Belgien auch wissenschaftlich erforscht. Einer der Gründer: der Agraringenieur und Tüftler Bernard Lahousse, von dessen Erkenntnissen sich mittlerweile Köch*innen und Barkeeper*innen auf der ganzen Welt inspirieren lassen.

Kochen mit Physik

Auch wenn es zunächst nicht so scheint: Letztlich geht es bei der schrägen Trendküche doch um „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Denn wie Geschmacksforscher Lahousse und sein Team herausgefunden haben, harmonieren die Lebensmittel besonders gut miteinander, deren Aromamoleküle in weiten Teilen miteinander identisch sind. Das trifft z.B. auf Klassiker wie Tomate und Basilikum zu, aber eben auch auf ungewöhnlichere Kombis wie Oliven und Pfirsich oder Brokkoli und Rosinen. Was zusammenpasst, hat also weniger mit den groben „Süß oder salzig“-Aspekten zu tun als mit dem komplexen Sinneseindruck, den wir beim Schmecken über unsere Nase wahrnehmen. Von besagten Aromastoffen hat jedes Lebensmittel Hunderte, die sich herausdestillieren und bestimmen lassen. Orientierung bieten z.B. die Baumdiagramme, die Lahousses Agentur Foodpairing zu den einzelnen Früchten, Gemüsen, Käsesorten etc. entwirft.

Kann ich das auch?

Aber sicher! Wenn du Lust auf Gewagtes hast, jedoch befürchtest, beim wilden Drauflos-Experimentieren zu viel Ungenießbares zu produzieren, dann könnte dir die Foodpairing-Homepage helfen: Auf www.foodpairing.com (englisch) kannst du anhand eines einfachen Systems herausfinden, was zu deinen gewünschten Zutaten passen könnte. (Achtung: auch Fleisch, Fisch etc. ist im Angebot!) Bereits mit dem kostenlosen Login für Einsteiger*innen lässt sich wunderbar „spielen“; wer tiefer in die Sache einsteigen möchte, kann sich einen kostenpflichtigen Account erstellen (je nach Stufe 1,50 € bis 36,50 € pro Monat). Mache dich jedoch nicht sklavisch von den Vorschlägen abhängig, sondern vertraue auch deiner eigenen Intuition und Nase. Wichtig ist, was dir schmeckt, nicht was dir laut Baumdiagramm schmecken sollte! Und: Bedenke, dass auch die Konsistenz und Temperatur von Speisen Einfluss auf das sinnliche Erlebnis beim Essen haben. Sei mutig und kombinieren Cremiges und Knuspriges, Kühles und Heißes … Viel Vergnügen!

Muss ich da mitmachen?

Keine Sorge, natürlich nicht! Gerade in Zeiten der Reizüberflutung tut es mitunter gut, auf Verlässliches zurückzugreifen, und wenn du sich angesichts von Eissorten wie „Quinoa-Grünkohl“ letzten Sommer mal wieder nach dem klassischen Schoko-Vanille-Mix gesehnt hast, sei dir das von Herzen gegönnt. Dennoch tut es gut, sich auch mal an Ungewohntes heranzuwagen – nicht nur beim Essen übrigens! Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen: Wenn wir Dinge tun, die wir vorher noch nie getan haben, wird unser „Belohnungssystem“ im Gehirn aktiviert, wir fühlen uns glücklich. Zudem trainieren wir unsere grauen Zellen, wenn wir Sie ab und zu mal durcheinanderwirbeln. Also schlau und zufrieden dank Wasabi-Pralinen? Probier’s aus …

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