ZURÜCK ZU DEN WURZELN
Dieses Motto trifft bei einer nachhaltigen Ernährung in vielen Bereichen zu. Wer frisch kocht, hat den eigenen Konsum besser im Blick, spart Verpackungsmaterial und weiß nebenbei noch, was er seinem Körperzuführt. Je stärker Lebensmittel verarbeitet sind, desto schlechter ist häufig die Klimabilanz. Nicht nur verbrauchen die zusätzlichen Arbeitsschritte mehr Energie, auch billige und umweltbelastende Zusatzstoffe wie Palmöl werden fast immer eingearbeitet. Selbst den Kochlöffel schwingen ist also auf vielen Ebenen eine gute Idee. Hier kann man außerdem noch viel von den Großeltern lernen. Gerade Praktiken wie Einwecken, Trocknen, Einmachen oder Fermentieren sind tolle Möglichkeiten, um Lebensmittel haltbar zu machen und den eigenen Speiseplan aufzupeppen. Oben drauf kann man sich so Obst und Gemüse unabhängig von der Saison verfügbar machen. Wer zur Erdbeerzeit regionale Früchte kauft und einmacht, kann im Winter genießen. Natürlich ist auch das Einfrieren eine Möglichkeit.
SIEGEL AUFS ESSEN
Beim nachhaltigen Einkauf auf Bio-Siegel zu achten ergibt Sinn, schließlich werden in der ökologischen Landwirtschaft aufgrund verminderter Düngung weniger Bodenverluste erzeugt. Durch die sanfte Bodenbehandlung und das Ziel, dessen Fruchtbarkeit zu erhöhen, können die Böden mehr Kohlenstoff aus der Luft binden. Auch das Verbot von synthetischen Pflanzenschutzmitteln und der verringerte Einsatz von Medikamenten wirkt sich positiv auf die Umwelt aus. Außerdem enthalten Bio-Lebensmittel oft weniger Pestizidrückstände und einen höheren Nährstoffgehalt. Es gibt unterschiedlich strenge Biosiegel, die Siegel von Naturland und Bioland gehen über die Richtwerte des EU-Biosiegels hinaus, das Demeter-Siegel unterliegt den strengsten Regelungen.
DO IT YOURSELF
Am besten wäre es natürlich, man pflanzt sein Obst und Gemüse selbst an. Da nicht jede*r über einen Garten und/oder ausreichend Zeit verfügt, können auch schon im Kleinen zu Hause Pflanzen gezogen werden. Ein smarter vertikaler Kräutergarten auf dem Balkon, ein, zwei Tomatensträucher und eine Balkonkiste mit Salat nehmen nicht viel Platz weg und werfen im Sommer zahlreiche frische Leckereien ab. Beim sogenannten „Regrowing“ werden abgeschnittene Gemüse-Strünke, z.B. von Lauch, Romanasalat oder Stangensellerie, in Wasser aufgepäppelt und nochmal eingepflanzt. Mit ein bisschen Geschick kann man so eine kleine ökologische Kreislauflandwirtschaft auf dem eigenen Fensterbrett starten.
UND DIE PRODUZENT*INNEN?
Als Verbraucher*in auf den eigenen Konsum zu achten ist richtig und wichtig, schließlich regelt die Nachfrage das Angebot. Doch in vielen Situationen bleibt einem manchmal nichts anderes übrig, als zu einem nicht nachhaltigen Produkt zugreifen. Schlichtweg aus Mangel an sinnvollen Alternativen. Deswegen darf die Last einer nachhaltigen Kaufentscheidung nicht auf die Konsument*innen abgewälzt werden, die Hersteller*innen müssen in die Verantwortung genommen werden, um so intensiv und schnell wie möglich an einer Verbesserung der Klimabilanz ihrer Waren zu arbeiten. Und glücklicherweise gibt es bereits einige, die das tun.
KLIMAPOSITIVITÄT
Immer öfter werben Firmen damit, klimapositiv zu produzieren. Sie gehen einen Schritt über die Klimaneutralität hinaus und entziehen der Atmosphäre während des Herstellungsverfahrens mehr CO2 als sie ausstoßen. Diese Unternehmen setzen meistens auf erneuerbare Energien bei der Produktion, legen Wert auf ökologische, regionale Rohstoffe, orientieren sich an einem Zero-Waste-Prinzip, halten die Transportwege kurz, vermeiden Flugwege, verzichten gänzlich auf tierische Produkte und pflanzen als Ausgleich für die übrigen CO2-Emissionen Bäume, bringen ihr Umweltkonto durch Ausgleichszahlungen oder die Beteiligung an Klimaschutzprojekten wieder auf ein Nulllevel.
VERPACKUNGSKÜNSTLER
Die kluge Verwendung von Verpackungsmaterial ist Aufgabe der Unternehmen. Einige setzen bereits auf Rezyklat, also wiederverwertete Plastikverpackungen, und fördern so eine Kreislaufwirtschaft, statt immer mehr neues Plastik in die Welt zu bringen. Seit 2019 gilt ein neues Verpackungsgesetz, das die Rezyklat-Verwendung deutlich erhöhen soll, doch immer noch wird der Großteil des Plastikmülls verbrannt – weil Neukunststoff billiger ist als das aussortiere, geprüfte und upgecycelte Altplastik. Hier müsste legislativ ein weiterer Hebel angesetzt werden, der die Nutzung von recyceltem Plastik attraktiver für alle Hersteller*innen macht. Gerade bei veganen Lebensmitteln kann man beobachten, dass die Produzentinnen versuchen, den Ansprüchen ihrer Kund*innen gerecht zu werden. Clevere Verpackungen, deren größter Anteil aus recyceltem Papier besteht, das nur mit einer dünnen Plastikfolie laminiert ist, können vor dem Wegwerfen getrennt werden. Die Schale wird im Altpapier entsorgt und so ist der Plastikanteil im Gegensatz zu einer ganzen Plastikschale sehr gering. Innovative Verpackungsmaterialien wie „der Nachhälter“ – erfunden und patentiert von einem Ehepaar aus Wasserburg am Inn – bestehen aus Holzpulpe, einem Abfallprodukt der Forstwirtschaft. Selbige wird zu veganen, biologisch abbaubaren Folienbeuteln verarbeitet. Der Nachhälter ist binnen weniger Wochen komplett abgebaut und kann sogar von Tieren verzehrt werden, weshalb man das Material auf dem Kompost bzw. im Biomüll entsorgen kann. Einziger Nachteil: es können nur trockene Lebensmittel darin aufbewahrt werden, weil er sich bei Feuchtigkeit zersetzt. Trotzdem eine gute Sache, die zeigt, dass durch Innovation einiges geschafft werden kann. Es gibt weitere wegweisende Beispiele: Eine US-amerikanische Firma beispielsweise hat eine aus biologischen Abfällen und Pilzen gefertigte Styropor-Alternative erfunden. Es wird also weiter an kompostierbaren, ressourcenschonenden Materialien geforscht und gearbeitet. Am wichtigsten ist jedoch nach wie vor, unnötige Verpackungsschritte wegzulassen.
SOLIDARISCHE UND BIOZYKLISCH-VEGANE LANDWIRTSCHAFT
Eine Umstellung der Landwirtschaft und damit zusammenhängend eine Umstellung der Gesetze, Subventionen & Co. wäre wünschenswert. Um die Fleischeslust und den Geldbeutel der Konsumentinnen befriedigen zu können, setzen viele Landwirtinnen aktuell gezwungenermaßen auf Großproduktion. Riesige Betriebe, Massentierhaltung und Monokulturen herrschen vor, dabei sollte der Trend der Umwelt und den Produzent*innen zuliebe wieder hingehen zu kleineren Landwirtschaften, die den Fokus auf Nachhaltigkeit statt auf billige Massenware legen. Eine Möglichkeit, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, ist die sogenannte solidarische Landwirtschaft. Hier schließen sich Privatpersonen langfristig mit Landwirt*innen aus der Region zusammen. Die Mitglieder*innen ermöglichen den Bäuer*innen eine ökologische Arbeitsweise unabhängig von den Schwankungen des Marktes. Im Gegenzug erhalten sie einen Teil der Ernte und 100-prozentige Transparenz bei der Herkunft der Lebensmittel. Hier unterstützen sich Konsument*innen direkt die Hersteller*innen und ermöglichen jenen so eine ethisch korrekte, nachhaltige Produktionsweise, da der Preis und Wachstumsdruck von außen nicht existiert. Eine weitere sinnvolle Alternative ist die biovegane Landwirtschaft. Wie auch im Ökolandbau stehen enge Stoffkreisläufe, der Verzicht auf künstliche Dünger, Pestizide und Gentechnik im Vordergrund. Vegan wird die Landwirtschaft jedoch erst, wenn nur pflanzliche Lebensmittel ohne jegliches tierisches Beitun erzeugt werden – und damit auch ein großer Beitrag zum Tierwohl und Umweltschutz geleistet wird. Das schließt übrigens auch mit ein, dass im Pflanzenbau keine tierischen Nebenprodukte wie Mist, Gülle oder Hornpellets verwendet werden dürfen. 2017 wurden die biozyklisch-veganen Richtlinien in die „IFOAM Family Of Standards“ (International Federation of Organic Agriculture Movements) aufgenommen, was bedeutet, dass seitdem erstmals in der Geschichte ein veganer Öko-Anbaustandard festgehalten wurde. Seitdem können Erzeuger*innen ihre Arbeit zertifizieren lassen.
CARPE NACHHALTIGKEIT!
Am wichtigsten beim Thema Nachhaltigkeit ist wohl, dass man sich endlich vom Narrativ des Verzichts löst und die vorhandenen Möglichkeiten als das ansieht, was sie sind: eine Chance, die jetzt ergriffen werden muss. Die Umweltproblematik ist kein Märchen, eine mögliche Klimakatastrophe keine Fantasterei. All diese Themen hätten bereits gestern angepackt werden sollen, müssen aber spätestens jetzt endlich in die Hand genommen werden. Eine Umstellung – sowohl der Konsument*innen, als auch der Produzent*innen – fällt den meisten erst einmal schwer. Doch wenn man erkennt, was auf dem Spiel steht – nämlich nichts weniger als der gesamte Lebensraum für Mensch und Tier – dann sollte der Anreiz, ja die absolute Notwendigkeit für eine innovative, frische und grüne Zukunftsgestaltung groß genug sein. Niemand kann perfekt sein. Aber sich lernfähig und guten Willens zeigen, mit offenem Geist Neues wagen und ein paar Abstriche machen, um dann zu gewinnen – das sollte zumindest versucht werden.