Mama, ich bin vegan!

Plötzlich vegan, deine Familie aber nicht? Unsere Kolumnistin erzählt, wie sie es geschafft hat, friedlich mit ihrer Familie zu kommunizieren.

Autorin: Jacqueline Flossmann

Als ich anfing, kein Fleisch mehr zu essen, waren meine Eltern zunächst etwas ratlos. Als ich immer noch mehr Pflanzen auf meinem Teller versammelte, fand meine Mutter das irgendwann dann doch verständlich und stellte sich schnell auf mich ein. Mein Vater jedoch fragte mich irgendwann mal, ob das „nicht ein bisschen extrem“ sei, was ich da tue. Zahlreiche -ismen – Sexismus, Rassismus, Veganismus – hielten Einzug in unsere Gesprächsrunden und ich glaube, mein Papa hat sich zwischendurch wie Leibniz die Frage gestellt, ob das da vor ihm mit dem Tofuwürstchen auf der Gabel wirklich die bestmögliche aller Töchter ist, die er hätte großziehen können. Ich rechne mir an dieser Dynamik durchaus eine gewisse Mitschuld ein, schließlich neigt man kurz nach diversen Epiphanien im Leben zu einer gewissen Drastik in der Gesprächsführung. Auch wenn ich immer versucht habe, Omnivoren um mich herum in Ruhe zu lassen, rutschten mir doch mal Begriffe wie „Leichenteile auf dem Tisch“ heraus und sorgten bei den Umstehenden für ein ungutes Kribbeln an den Verteidigungssynapsen. Ach, was haben wir diskutiert. Und gestritten haben wir auch. Mein Vater brütete zwischendurch bestimmt heimlich an kreativen Ausreden, um mit seinem zu einer Salat-Emanze mutierten Sprössling kein Weihnachtsessen abhalten zu müssen und mir kam der Dampf aus den Ohren, wenn ich beim Öffnen seines Kühlschranks eine Packung Wurst zu Gesicht bekam. Doch irgendwann habe ich gelernt, dass ich keine wütende Teenagerin mehr bin, die gegen ihre verständnislosen Eltern wettern muss. Und dass ich mich auch gar nicht so wichtig aufspielen musste, nur weil ich endlich den Absprung vom Fleisch geschafft hatte, nachdem ich es jahrelang ja selbst bedenkenlos verzehrt hatte. Ich fing also an, diese Themen seltener und mit mehr Freundlichkeit zu kommunizieren. Ich wählte vermehrt Ich- Botschaften statt gereizter „Du-Du- Dus“ und fing an, gelegentlich für meinen Vater zu kochen. Erstmalig wurde ich mit der Aufgabe des Weihnachtsessens betraut, das mein Vater, seine Frau und ich am 25.Dezember gemeinsam zu verzehren pflegen. Die Stimmung war leicht angespannt, als ich die vegane Lasagne auf den Tisch bugsierte, doch nach den ersten Bissen war klar, dass meinem Vater das pflanzliche Mahl mundete. Das sagte er mir dann auch ehrlich. Und ich habe mich gefreut wie ein Schnitzel. Aus Seitan, versteht sich. Beim nächsten Mal gab es vegane Wraps. Dann mal ein Pastagericht mit cremiger Pilzsauce. Immer war mein Vater positiv überrascht, jedes Mal lobte er mich und fragte interessiert nach der Zubereitungsweise. Seine Frau sorgt inzwischen bei meinen Besuchen für vegane Varianten oder kocht gleich für alle pflanzlich. Mein Papa liest heute auch jeden Beitrag, den ich für dieses Magazin hier verfasse. Ab und zu bestellt er sich sogar das Seitan-Geschnetzelte in der Kantine. Letztens erhielt ich eine Kurznachricht von ihm: „Habe unser Familiengulasch gekocht – in der veganen Variante. Lust?“. Während ich an seinem Küchentisch saß und das Gulasch still in mich hineinpumpte, saß mein Vater wie ein Wissenschaftler vor mir und beobachtete jeden meiner Bissen genauestens. Als ich schließlich mein Abschlussurteil mit einem „ausgezeichnet“ verkündete, strahlte er übers ganze Gesicht. Und ich war so stolz und glücklich.

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