Der Graslutscher: Denn sie wissen nicht was sie tun

Diese Kolumne entstand genau in der Woche nach der Europawahl. Nachdem Union und SPD Millionen Wähler*innen an die Grünen verloren hatten, ging ich dieser Tage in meinem jugendlichen Leichtsinn davon aus, dass Vertreter*innen dieser Parteien sich nun mit Klimaschutz-Vorschlägen gegenseitig zu übertreffen versuchten.

Es kam dann doch etwas anders: Zuerst saß Armin Laschet in einer Talkshow und gab sich verwundert, dass die Klimakrise „aus irgendeinem Grund plötzlich ein weltweites Thema“ geworden sei. Plötzlich? Hat der Mann seit Monaten sein W-Lan-Passwort vergessen und sich seitdem mithilfe alter Yps-Heftchen über den Stand der Dinge informiert? Als würde jemand zwei Kilometer weit auf eine Mauer zufahren und das Resultat nach dem Aufprall dann „unerwartet“ nennen. Zwei Tage später tritt das sogenannte Klimakabinett vor die Kameras und verkündet die Ergebnisse: Zugtickets werden 10 % günstiger, Elektroautos und Wasserstoffantriebe gefördert, ein Gesetz dazu kommt frühestens im September. Als ich kurz überschlug, wie viel CO2-Emissionen hierdurch eingespart werden können, wurde ich ziemlich trübselig und aß drei Becher Schokoeis hintereinander.
Hierzu fand dann noch eine denkwürdige Pressekonferenz statt, in der die zuständige Sprecherin allen Ernstes behauptete, es seien gar keine zwingenden Vorschriften notwendig, weil in der Bevölkerung ja bereits ein hohes Bewusstsein für den Klimaschutz bestünde. Wie naiv kann man bitte sein? Und als nächstes schaffen wir dann die Strafverfolgung ab, weil in der Bevölkerung so ein hohes Bewusstsein dafür besteht, dass man nett zu seinen Mitmenschen sein soll? In der Vorstandsklausur lehnte die CDU dann ein paar Tage später eine CO2-Steuer ab und setzte stattdessen auf staatliche Unterstützung, damit ab 2025 Flugtaxis zum Einsatz kommen. Wow. Bislang dachte ich immer, diesen Leuten sei Klimaschutz halt egal, weil ihnen die
Wirtschaft wichtiger ist. Tatsächlich wissen sie aber trotz eines Heeres an Berater*innen nicht, was wirklich nötig ist, um eine gefährliche Erdüberhitzung zu vermeiden. Die Zugtickets werden etwas günstiger und die Autos fliegen bald mit Strom, das ist echt alles? Meine Güte, das ist ja an Unentschlossenheit kaum zu überbieten.
Hätte man die CDU damit beauftragt, den einen Ring in Mordor zu vernichten, hätten die vermutlich ein Ringkabinett gebildet und dann 20 Jahren lang unschlüssig darauf gewartet, bis Sauron ganz Mittelerde erobert. Wir müssen viel mehr machen, als nur von fliegenden Autos zu träumen: Wir brauchen mehr Windstrom, mehr Solarstrom, mehr Speicher und mehr Leitungen. Unser Strom ist nur zu 40 Prozent nachhaltig erzeugt. Wir müssen Millionen Haushalte nachhaltig mit Wärme versorgen, derzeitig heizen 90 Prozent mit Öl oder Gas. Es fahren mehr als 60 Millionen PKW in diesem Land herum, indem sie irgendein Mineralölprodukt verbrennen. Tierische Produkte beanspruchen gigantische Mengen Energie, Flächen und sind entsprechend klimaschädlich. Dass man viele dieser Probleme lösen kann, indem Menschen ihr Leben umstellen, kommt in der Gedankenwelt des „Klimakabinetts“ überhaupt nicht vor. Wir können auch ohne Kohlestrom ein glückliches Leben führen. Fahrrad- und fußgän gergerechte Städte sind viel lebenswerter als Autobahnen innerhalb von Wohngebieten und ein Leben ohne Tierprodukte ist mit den richtigen Rahmenbedingungen ein echter Gewinn gegenüber der typisch deutschen Küche. Aus Angst, den Bürger*innen auch nur die geringste Einschränkung zuzumuten, werden den kommenden Generationen gerade massive Einschränkungen aufgebürdet, gegen die unsere heutigen Probleme wie ein niedlicher Kindergeburtstag wirken werden.

Info: Weitere Informationen zum Graslutscher findest du unter www.graslutscher.de. Seine Texte gibt es ebenso auf Facebook, Twitter und Blogovin.

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