Veganismus und Sport
Sich rein pflanzlich ernähren, birgt für die breite Masse der Gesellschaft immer noch Risiken,
die je nach Wissenstand von „lebensgefährlich“ bis „unnötig“ reichen. Wie ist dann wohl die Meinung zu einer veganen Sporternährung?
Nicht so schlecht möchte man sagen. Das ist erfreulich, jedoch oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Vielen Artikeln mit den Schlagworten „vegan“ und „Sport“ steht voran: „Geht das?“ Oder überrascht: „Das geht!“. Als würden Beispiele aus dem Tierreich die Frage nicht von vornherein schon obsolet machen. Elefant, Nashorn, Stier und Gorilla – alles starke, große und schwere Tiere – ernähren sich rein pflanzlich. Der Stier gilt in der Finanzwelt sogar als Garant für Leistung, sprich steigende Kurse, während sein fleischfressendes Gegenüber, der Bär, für fallende Zahlen steht. Aber auch unter uns Menschen gibt es pflanzliche Leistungsträger. In jeder Sportart. Carl Lewis, der neunfache Olympiasieger und achtmalige Weltmeister in Sprint und Weitsprung, führt seine Triumphe auf den Veganismus zurück. Kraftprotz Patrik Baboumian war nicht nur stärkster Mann Deutschlands, sondern auch Europameister und hat Weltrekorde aufgestellt.
Schnell und stark sind sie also, die humanen Pflanzenfresser. Sanftmut kann ebenso eine Eigenschaft sein, muss aber nicht. Eine Tatsache, die die Kampfsportprofis Mac Danzig oder Ronda Rousey vor allem ihren Gegnern immer wieder aufs Auge drücken. Klar sehen die gerade Genannten auch top aus! Im Fokus liegt das aber besonders bei den Bodybuildern, von denen es einige vegane Vertreter gibt. Etwa den Weltmeister von 2005 in der Fitnessklasse, Alexander Dargatz. Gerade mit Bodybuilding verbinden viele einen Nährstoff, der für sie scheinbar nur im Fleisch steckt, was unweigerlich in der berühmt-berüchtigten Frage seinen Höhepunkt findet: „Und woher bekommst du dein Protein?“.
Energielieferanten
Puh, wo fangen wir da an? Zunächst ist Protein nicht alles. Zu viel kann sogar schädlich sein, dazu gleich mehr. Das Wichtigste bei einer Sporternährung, egal ob pflanzlich oder nicht, sollte sein, den Energiebedarf des Körpers zu decken, sprich genügend Kalorien aufzunehmen. Zu vermeiden sind jedoch leere Kalorien, die dem Körper letztendlich sogar Energie entziehen. „Leer“ deshalb, weil sie kaum Makro- und Mikronährstoffe enthalten. Unter ersteren sind Kohlenhydrat, Protein (Eiweiß) und Fett zusammengefasst. Also Stoffe, die Energie liefern. Letztere beschreiben solche, die unter anderem für den Stoffwechsel unabdingbar sind: Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Besonders die Sporternährung stützt sich auf die ideale Verteilung dieser Nährstoffe. Von den Makronährstoffen sollten die Kohlenhydrate täglich den größten Anteil – ca. 60-80 Prozent – ausmachen, denn sie sind der wichtigste Brennstoff. Fette haben zwar einen schlechten Ruf, aber auch sie dürfen mit 10-20 Prozent nicht fehlen. Dabei kommt es auf die Art der Fette und deren Mischung an. Generell gilt: Ein gesundes Verhältnis von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren (5:1) ist erstrebenswert. Dafür bieten sich Leinöl und -samen, Hanföl und -samen, Walnussöl, Avocado sowie Chiasamen an.
Und das Protein?
Wer grob überschlägt merkt: Da bleibt nicht viel. 10-12 Prozent der täglichen Energiezufuhr sollten es maximal sein. Auf diesen Wert kommen Veganer auch als „Nicht-Sportler“ problemlos, wie eine Studie der Sportwissenschaftlerin Dr. Katharina Wirnitzer zeigt. Verzweifelt nach Eiweiß suchen, das einem metaphorisch gesehen wieder durch die Hände rinnt, ist nicht nötig. Dem Körper ist egal, woher er seine Nährstoffe bekommt. Auch beim Protein, das aus Aminosäuren besteht. Von denen gibt es 20, die wir unbedingt brauchen. Von diesen 20 wiederum kann unser Körper zwölf selbst bilden. Die restlichen acht werden essenzielle Aminosäuren genannt und müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Sowohl tierisches als auch pflanzliches Protein enthält die für uns wichtigen Aminosäuren. Man sollte allerdings in Erwägung ziehen, dass das pflanzliche einige Vorteile hat. Zunächst steigert zu viel Protein die Nierenfunktion, was diese auf Dauer beeinträchtigen kann. Dieser Effekt ist bei pflanzlichem Protein geringer. Zudem kann zu viel Protein in einer Übersäuerung des Körpers resultieren, denn die Aminosäuren senken den pH-Wert. Das wiederum führt dazu, dass der Körper Kalzium aus den Knochen als Ausgleich heranzieht. Osteoporose ist oft das Ergebnis.
Ein zu geringer pH-Wert kann zudem Auslöser für Nierensteine sein und Bakterien fühlen sich in einem sauren Umfeld ebenfalls wohler. Auch dieser Effekt eines zu geringen pH-Werts ist bei tierischen Eiweißen höher. Zwar enthalten pflanzliche Proteine de facto ebenso höhere pH-Werte, gleichen diese aber parallel durch Chlorophyll aus. So sind Hanfsamen, Hülsenfrüchte, Sprossen oder auch Algen hervorragende Eiweißquellen, die den Körper nicht übersäuern. Weitere Proteine lassen sich aus Tofu, Nüssen, Lupinen, Linsen, Quinoa und Bohnen beziehen. Ein Garant für Übersäuerung sind auch verarbeitete Produkte, da bei deren Herstellung oft der pH-Wert erhöht wird.
Darin liegt auch ein weiterer Vorteil der veganen Ernährung: Wer sein Essen primär selbst zubereitet, vermeidet Industrieprodukte und on top viele leere Kalorien. Außerdem ist im Veganismus die ausreichende Versorgung mit den so wichtigen Kohlenhydraten durch viele Vollkornprodukte oder auch Quinoa sowie Obst und Gemüse grundlegend garantiert. Letztere liefern neben Nüssen und Samen auch die bereits erwähnten Mikronährstoffe Vitamine, Mineralien und Spurenelemente sowie sekundäre Pflanzenstoffe, die zusätzlich entzündungshemmend wirken, was sehr positive Effekte auf die Regeneration haben kann.
Selbstredend, dass all dies nur ein grober Überblick ist. Etwas so Komplexes wie die Sporternährung, die nicht nur von den körperlichen Voraussetzungen des Sportlers, sondern auch von dessen Disziplin abhängt, lässt sich unmöglich in diesem Rahmen komplett durchleuchten. Was du allerdings aus diesen Zeilen mitnehmen solltest: Vielleicht ist der größte Vorteil der Pflanzenköstler, dass sie sich von vornherein mehr mit ihrer Ernährung beschäftigen. Aber egal ob Hobby- oder Leistungssportler, egal ob Vegetarier, Veganer oder Mischköstler, das, was wir unserem Körper zuführen hat immer eine Auswirkung. Es liegt an uns zu bestimmen, ob diese positiv oder negativ ausfällt.
Weitere Quellen zur veganen Sporternährung:
vebu.de
peta2.de
change2v.com
youtube.com: VegMed 2012 – Vegane Ernährung im Leistungssport