Stricken ist nicht mehr „Oma“, sondern gerade wieder schwer im Kommen. Weil aber Garne wie Merinowolle nicht vegan sind, hat die leidenschaftliche Stricknadelschwingerin Marlin Oeing ein besonderes Garnsortiment ins Leben gerufen: Ihr Unternehmen Vegarn setzt auf rein pflanzliches Material für tierleidsfreie Handarbeit.
Von wegen Omabeschäftigungsmaßnahme! Man sieht sie wieder, in Cafés, im Park, in Straßenbahnen: Menschen, die geradezu meditativ die Stricknadeln schwingen – auch junge Leute, und auch vermehrt junge Männer. Aber wer im konventionellen Kaufhaus oder Handarbeitsladen auf Garnsuche geht, hat zwischen den verschiedensten Wollsorten von Schaf, Alpaka und Angoraziege nur wenig pflanzliche Auswahl – außer Acrylwolle, eine Kunstfaser mit nicht allzu gutem Ruf. Dumm vor allem für vegane Strickfans, denen neben Tieren auch Qualität und Natürlichkeit der Rohstoffe am Herzen lägen.
Mit Vegarn tritt seit Kurzem ein junges Unternehmen in diese Lücke auf dem Garnmarkt und mischt die konventionelle Nadelschwingerszene mit Materialien auf, die nicht nur rein pflanzlich sind, sondern auch verantwortungsvoller in Sachen Nachhaltigkeit, fairen Produktionsbedingungen und Umweltverträglichkeit. So umfasst das Shopsortiment Strickgarne aus GOTS-zertifizierter Baumwolle, aus Bambus oder auch Soyarn, hergestellt aus Abfällen der Tofuproduktion. Außerdem gibt es Naturprodukte wie Nessel- und Hanfgarn zu kaufen.
Nächstes Projekt: Tencel als Strickgarn
Dass noch nicht jedes Detail in Sachen Nachhaltigkeit und Garn wie am Schnürchen läuft, spricht Vegarn zwar offen an. Doch möchte das junge Unternehmen in nächster Zukunft noch mehr Materialien bieten, die schadstofffrei sind und fair produziert. Dabei soll sich das Angebot von Vegarn bestenfalls nur aus Pflanzenfasern zusammensetzen. Nächster Schritt im Vegarn-Konzept: ein Garn aus Tencel. Dieser Stoff aus Holzzellulose kommt in der Biotextilproduktion bereits recht häufig zum Einsatz: Seine Eigenschaften ähneln jenen von Viskose, doch basiert die Herstellung von Tencel, so die Prinzipien des Erfinderunternehmens Lenzing aus Österreich, nicht auf einer Reihe chemischer Zusätze. Stattdessen kommt ein organisches Lösungsmittel zum Einsatz, das sich in der Produktion beinahe vollständig wiederverwenden lässt. „Cradle to Cradle“ nennt sich ein solcher geschlossener Herstellungskreislauf, und dieser brachte der Faser Tencel die EU-Auszeichnung „European Award of the Environment“ ein.
Auch bei Vegarn ist man von der Hochwertigkeit und Nachhaltigkeit der Tencelfaser überzeugt – insbesondere im Vergleich mit Materialien wie Acrylgarn und Viskose. Eine tolle Alternative also für Menschen, die gerne Wollkleidung, aber keine tierischen Bestandteile am Leib tragen würden: Tencel gilt als Material mit sehr guten Trageeigenschaften, es soll Feuchtigkeit nach außen transportieren, hautfreundlich und hygienisch sein – und dabei angenehm weich. Wer möchte da nicht gleich die Stricknadel zücken und sich einen tierleidfreien Pulli zaubern?