Sängerin Leslie Clio im Interview: „Tragt Liebe in die Welt!”

Wie man denken kann, dass Tiere keine Seele haben, ist Leslie Clio ein Rätsel. Gerade hat die vegane Musikerin ihr neues Album „Brave New Woman“ herausgebracht und sprach mit uns im Videochat-Interview über Selbstliebe, Spiritualität und ihr Engagement für PETA …

Autorin: Carmen Schnitzer

2015 habe ich dich schon mal interviewt, seitdem ist viel passiert. Kannst du deine Entwicklung kurz umreißen?
Was bei mir von Anfang an im Zentrum stand, ist sicher das Bei-sich-Bleiben.
Bei mir ging es ja von Null auf Hundert los mit dem Hype, plötzlich war ich in
aller Munde, hatte aber noch keine Ahnung vom Business. Da war es wichtig, mir bewusst zu machen, dass Karriere und Kreativität nicht dasselbe sind. Das
eine klopft zwischendurch an und ist dann auch mal wieder weg, während das
andere als kleine, stille Flamme immer bleibt.

Du sprachst mal davon, dass manche Ideen im Universum herumfliegen und darauf warten, bei jemandem andocken zu können … Das klingt recht spirituell, empfindest du dich auch so?
Komplett! (lacht) Das geht aber nicht nur mir so, das kennen viele, die in irgendeiner Form künstlerisch schaffend sind.

Aber die Songs schreiben sich nicht von alleine?
Nein, natürlich nicht! Nach dem Funken, den man aufnimmt, folgt das Crafting, die Arbeit. Aber Kreativität ist für mich etwas Heiliges. Ehrlich gesagt kann ich nur schwer nachvollziehen, wie man nicht spirituell sein kann. Wie man nicht glauben kann, dass es einen größeren Weltenplan gibt oder etwas, das einen beschützt, einen trägt, dem man vertrauen kann. Oder auch – ich lebe ja seit zehn Jahren vegan – wie man denken kann, dass Tiere kein Schmerzempfinden oder keine Seele haben! Wir sind alle verbunden und haben Verantwortung … Aber kurz noch mal zur Spiritualität: Ich habe mir von Beginn an geschworen, dieser Flamme der Kreativität stets Beachtung zu schenken, und glaube, das ist der Grund, warum ich immer noch da bin und jetzt gerade mein viertes Album herausgebracht habe.

„Brave New Woman“! Wenn ich das anhöre – und das tue ich sehr gerne! – kommst du mir kämpferischer vor als damals. Du zeigst mehr Kante … Da ist sicher was dran und das hat eben damit zu tun, dass ich mir selbst treu geblieben bin, auch in der Phase nach dem Hype, die es ja auch gab. Nach meinem zweiten Album bin ich zum Beispiel für ein halbes Jahr nach Hawaii ausgewandert und habe mir Zeit für besagte Flamme genommen, mein drittes Album geschrieben und dann gemerkt, dass ich mich in den Strukturen, in denen ich mich bewegte, nicht mehr wohlgefühlt, dass ich dort nicht mehr hingehört habe. In so einem Fall gilt es auszubrechen.

Darum hast du schließlich dein eigenes Label gegründet, mit einem reinen Frauenteam. Inwiefern war oder ist dir das wichtig?
Ich habe Männer nicht bewusst ausgeschlossen! Das hat sich ganz natürlich ergeben, weil ich Frauen kannte, die einfach einen guten Job machten und mit denen ich gerne zusammenarbeiten wollte. Aber natürlich wissen wir alle, was es in unserem Business bedeutet, eine Frau zu sein, und ich genieße diese gute Kraft, diese Female Force, die sich da entwickelt hat.

Auf Festivals sind Frauen z.B. in der Regel stark unterrepräsentiert.
In einem Interview erzähltest du außerdem mal von einer Radioredakteurin, die meinte, zwei Lieder von Frauen könne man nicht hintereinander spielen, angeblich schalteten dann die Leute ab.

Ja, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, solch einen Satz im 21. Jahrhundert! Manchmal ist es wirklich entmutigend, aber man muss sich immer wieder sagen: Das hat nichts mit mir selbst zu tun, das sind die Umstände.

In dem Zusammenhang empfinde ich Wut als spannendes Thema.
Auf jeden Fall! Frauen drücken ihre Wut ja oft versteckt aus, z.B. über Kaufsucht, Essstörungen oder Liebessucht … Wirklich ein ganz wichtiges Frauenthema, das sicher auch ein Leitthema in meiner zukünftigen Arbeit sein wird. (lächelt vielsagend)

Oh, da bin ich gespannt!
Das Gefühl ist auf der Bühne allerdings gar nicht so leicht darzustellen! Eine Bühnencoachin meinte zu mir mal: „Wut steht dir so gut!“ Und jetzt auf „Brave New Woman“ gibt‘s ja auch ein, zwei nach vorne gehende Nummern wie „Girl With A Gun“. Aber da ist sicher noch Luft nach oben!

Ich überlege ja manchmal, ob es einen Zusammenhang zwischen der
Diskriminierung von Frauen und unserem Umgang mit Tieren gibt …

Interessante Frage! Wie meinst du das genau?

Vielleicht, was die Bewertung angeht, die Vorstellung: Männer sind mehr wert als Frauen, Menschen mehr als Tiere; Frauen haben eine gewisse Bestimmung und Tiere eben auch …
Das ist sicher auch eine Frage der Kultur, des Weltbildes, mit dem wir aufwachsen und die Brille, durch die wir manches sehen. Vieles geschieht aus Gewohnheit.

In unserem Interview vor ein paar Jahren wirktest du eher entspannt,
was dein Verhältnis als Veganerin zu Allesesser*innen anging. Ist das immer noch so?

Na ja, manchmal wird man natürlich ungeduldig, wenn man seit zehn Jahren dasselbe labert, und mitunter schockiert es mich schon, wie ahnungslos viele noch sind. Ich sage ja nicht, dass jeder Mensch vegan werden muss, aber man sollte doch zumindest wissen, woher das eigene Essen kommt. In meinem Umfeld weiß das mittlerweile allerdings jeder. (lächelt) Das ist ja letztlich das,was ich tun kann – mein kleines Lichtlein, mein Wissen in die Welt tragen und hoffen, dass es etwas bringt. Und zum Glück hat sich in Sachen Veganismus ja auch schon vieles getan, darüber bin ich sehr froh.

Und du bist Teil der Bewegung – zum Beispiel hast du für die Tierrechtsorganisation PETA die Hüllen fallen lassen.
Ja, und das macht mich stolz! Ich war schon mit 16, 17 mit PETA unterwegs, habe etwa gegen den Stierlauf in Pamplona demonstiert. In meiner Familie waren Tiere schon immer wichtig, bei uns zu Hause gab es auch kaum Fleisch. Ehrlich gesagt überlege ich momentan sogar, PETA in meinem Testament zu bedenken … (lächelt)

Interessant! Wobei ich natürlich hoffe, dass man dein Testament erst in einigen Jahrzehnten brauchen wird. Möchtest du zum Schluss unseren Leser*innen noch etwas auf den Weg geben?
Letztlich wohl die beiden Botschaften, die auch auf dem Album zentral sind: Empowerment – brecht auf, macht euer Ding! Und lasst Liebe euer Handeln bestimmen, tragt sie in die Welt uns sucht diese Liebe nicht in der Anerkennung anderer. Alles ist bereits in euch! (hält kurz inne) Mein Album dürft ihr aber natürlich trotzdem gerne kaufen! (lacht)

INFO:

LESLIE CLIO
Album „Brave New Woman“,
House of Clio, 2022

Weitere Infos unter:
leslieclio.com

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