Unschönes Unkraut oder wünschenswerte Wildkräuter? Alles eine Frage des Blickwinkels! Wo sie wachsen, wie du sie erntest und was sie draufhaben.
Was wächst da eigentlich?
Beim Wildkraut ist der Name Programm: Im Gegensatz zu Kulturpflanzen werden die krautigen Wildgewächse nicht gezüchtet und angebaut, sondern kommen in der freien Natur vor. Und das fast überall: Auf dem Ackerland, in Mauerfugen und zwischen Pflastersteinen, im Wald, auf Wiesen, im Park, im (eigenen) Garten und einfach so am Wegesrand. Unter Naturschutzfreunden, Kräuterhexen und Survival-Foodies gelten die robusten Pflanzen als absolute Nährstoffbomben und natürliche Medizin. Da könnte etwas dran sein, ist ihre Verwendung doch bereits seit Jahrtausenden üblich. In Not- und Kriegszeiten sowie bei der ärmeren Bevölkerung in ländlichen Gebieten waren Wildkräuter wichtiger Ernährungsbestandteil. Seit etwa 30 Jahren blüht die Wildkräuter-Liebe wieder auf – unter anderem bei Slow-Food-Anhängern, Freunden von Steinzeit-Ernährungsformen und entnervten Städtern, die sich nach etwas Naturnähe sehnen.
Rauf auf den Speiseplan …
Verwendung finden die wilden Kräuter in unseren Küchen auf allerlei Arten: Frisch in Salaten, Pestos, Suppen, Smoothies oder getrocknet als Tee und Gewürzmischung. Einige Arten – darunter die Brennnessel – können wie Gemüse gedünstet und für Pfannengerichte oder Füllungen verwendet werden. Möchtest du zum Beispiel Tortellini mit dem Wildkraut füllen, wasche zuerst 50-100 Gramm Brennnesselblätter mit Handschuhen gründlich unter fließendem Wasser ab. Anschließend blanchiere die Blätter für zwei Minuten, schrecke sie kalt ab und drücke sie gut aus. Nun werden sie fein gehackt und nach Belieben mit einer gedünsteten Zwiebel, Salz, Pfeffer und Muskat abgeschmeckt und mit 100 Gramm veganem Frischkäse vermengt. Fertig ist deine eigene Wildkräuter-Füllung!
… aber wie rankommen?
Im Supermarkt gibt es die krautigen Gewächse in der Regel nicht, da es bis dato keine einheitliche Standardisierung und Qualitätskontrolle gibt. Auf Wochenmärkten wirst du aber des Öfteren fündig. Auch online können fertige Wildkräuter-Bündel bestellt werden. Unter www.naturkraeutergarten.de lässt sich beispielsweise (auf Wunsch im Abo) für 25 Euro eine Wildkräuter-Kiste bestellen, die mit einer frisch gepflückten Auswahl bei dir ankommt. Außerdem können einzelne Wildkräuter-Sorten im Topf bestellt werden (zum Beispiel Bärenklau für 4,50 Euro). Pflanzen-Freunde mit eigenem Garten oder Balkon können sich mit Saatmischungen aus der Gärtnerei auch selbst ein Wildkräuter-Paradies züchten – jawohl, züchten! Denn solange du die Pflanzen nicht züchterisch veränderst, sondern lediglich gärtnerisch anbaust und dadurch förderst, können sie noch als Wildkräuter gelten.
Zum Sammler werden!
Wem die Möglichkeiten des Eigenanbaus verwehrt bleiben, der kann auf andere Weise der Naturverbundenheit frönen: Gehe auf Sammel-Tour! Doch bevor du jetzt ins Freie stürmst, sei dir eine geführte Kräuter-Wanderung ans Herz gelegt, sofern du nicht bereits weißt, wie essbare Wildkräuter identifiziert und von giftigen Pflanzen unterschieden werden. Auf der Webseite www.wildpflanzenliebe.wordpress.com gibt es eine Übersicht von Anbietern, nach Postleitzahlen sortiert. Teils ist ein Unkostenbeitrag festgesetzt, andernfalls wird um eine kleine Spende am Ende der Wanderung gebeten. So oder so lohnt sich die Investition in der Regel, um alles über die kostbaren Pflanzenschätze zu erfahren, von der Bestimmung über die Inhaltsstoffe bis zu Geschmack und Verwendung. Zusätzlich helfen Bestimmungsbücher und Wildkräuter-Ratgeber beim Intensivieren des Wissens.
Regelwerk
Die wichtigsten Sammel-Tipps haben wir hier schon einmal zusammengefasst:
1. Sammel nur das, was du sicher erkennst: Bei einigen Wildkräutern besteht erhöhte Verwechslungsgefahr, wie zum Beispiel beim Bärlauch und der giftigen Herbstzeitlosen.
2. Pflücke nicht direkt an den Straßenseiten, an Ackerrändern oder auf der Hundewiese: Große Mengen Schadstoffe, Pflanzenschutzmittel und Ähnliches sollten nicht auf dem Teller landen. Auch Naturschutzgebiete sind tabu.
3. Reiße die Kräuter nie samt Wurzel aus: Ein sauberes Abtrennen mit der Schere oder dem Messer ist angebracht. Sammeln kannst du die frischen Schätze übrigens in einem luftigen Körbchen oder Stoffbeutel.
4. Verarbeite die geernteten Wildkräuter möglichst zeitnah: Vor allem für Salate und andere frische Gerichte sollten die Pflänzchen nicht mehr lange lagern. Ist es doch mal nötig, gib sie in ein feuchtes Tuch gewickelt in den Kühlschrank.
Foto: Thomas Rehehäuser