Alles Käse oder was?

Ob auf Pizza, Pasta oder Brot: Ein Leben ohne Käse ist für viele unvorstellbar. Wie gut sind die veganen Alternativen?

Foto von Polina Tankilevitch / pexels.com

Ob auf Pizza, Pasta oder Brot: Ein Leben ohne Käse ist für viele Menschen
nicht vorstellbar. Dabei gibt es mittlerweile eine ganze Reihe pflanzlicher
Alternativen zu Gouda, Camembert & Co. Doch halten die wirklich, was sie
versprechen? Wir sind einigen Fragen auf den Grund gegangen …

„Wenn nur der Käse nicht wäre!“ Na, wer kennt ihn auch, diesen Stoßseufzer von Fast-Veganerinnen, zu denen ich mich leider auch noch zähle? Hafer- statt Kuhmilch? Kein Problem. Kuchen ohne Ei? Easy! Und wie Fleisch schmeckt, weiß ich nach Jahrzehnten ohne Schwein, Rind und Huhn auf dem Teller sowieso nicht mehr genau. Aber Käse … Da werde ich leider immer noch regelmäßig schwach. Wobei ich Licht am Ende des Tunnels sehe! Die veganen Alternativen werden seit Jahren immer besser, manche davon finde ich so lecker, dass ich selbst omnivore Freundinnen schon dafür begeistern konnte. Welche das zum Beispiel sind, dazu im letzten Punkt unserer kleinen Auflistung mehr. Zunächst aber mal eine kleine Übersicht: Was ist dran an Mythen über veganen Käse? Woraus besteht er? Und was gibt es sonst noch darüber zu wissen?

„FRÜHER HIESS DAS ANALOGKÄSE!“

„Bäh, was für ein Plastikmist!“ Das hört und liest man immer wieder, wenn von veganen Käsealternativen die Rede ist. Gern erinnert man dabei auch an den Analogkäse-Skandal von 2009. Damals war bekannt geworden, dass viele Hersteller von Backwaren, Pizza etc. statt zu echtem Käse zumindest teilweise zu einem billigen Imitat aus etwa Wasser, Pflanzenfett, Stärke und reihenweise Aromastoffen griffen, ohne dass das für Verbraucherinnen ersichtlich war. Mitunter wurde statt Pflanzenfett auch Rindertalg verwendet, was diesen Käseersatz schon mal ohnehin nicht vegan macht. Letztlich gibt es hierzulande keine klare Definition für die Begriffe Analog- oder Kunstkäse bzw. Käseersatz. Klar ist nur, dass es sich um Produkte handelt, die nicht den Regeln der deutschen Käseverordnung entsprechen. Insofern fällt veganer Käse tatsächlich auch darunter. ABER: Guckt man sich die Zutatenliste pflanzlicher Käsealternativen an, fällt in vielen Fällen auf, dass es sich mitnichten um einen Mix aus möglichst billigen Ingredienzien handelt, die man möglichst teuer verkaufen möchte. (Wobei es das durchaus auch gibt – der Blick auf die Liste lohnt sich also!) Schlichte Schnittoder Reibekäsealternativen bestehen meist aus einer Mischung aus Kokosöl, Stärke und Gewürzen, raffiniertere Sorten nutzen häufig Nüsse und Kerne (z.B. Cashews oder Mandeln), aber auch Kichererbsen, Bohnen, Blumenkohl oder Reis kommen mitunter zum Einsatz. Künstliche Zusatzstoffe entdeckt man in den Zusatzlisten deutlich seltener, als einen Anti-Vegan-Motzerinnen oft glauben machen wollen.

„VEGANER KÄSE IST VIEL ZU TEUER!“

Ein Schnäppchen sind pflanzliche Käsealternativen häufig tatsächlich nicht, vor allem die meiner Ansicht nach leckersten Varianten auf Nuss- bzw. Kernbasis. Sicherlich gibt es auf dem Markt einige überteuerte Käseersatzprodukte, deren Preis nicht gerechtfertigt ist, gleichzeitig aber steigt die Zahl der Angebote, in denen hochwertige Zutaten wie Mandeln oder Cashews sowie jede Menge Herzblut und intensive Forschungsarbeit stecken. Und das ist der Punkt: Viele vegane Produkte müssen, anders als tierische, erst noch entwickelt werden, und das kostet natürlich Geld. Dass viele Produzent*innen verständlicherweise überdies auf Zutaten in Bioqualität setzen, treibt den Preis ebenfalls in die Höhe. Zudem ist der Absatzmarkt für vegane Produkte noch vergleichsweise klein, dementsprechend sind die unternehmerischen Kosten pro Produkt größer. Heißt im Umkehrschluss: Je mehr die Nachfrage steigt, umso kostengünstiger lässt sich produzieren. Sich ab und zu ein Stück Veggie-Käse zu gönnen, ist also auch eine Investition in die Zukunft! Und zu guter (bzw. eigentlich gar nicht so guter) Letzt wird die Erzeugung tierischer Produkte staatlich gefördert – einer Studie des Bündnisses „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ zufolge mit 13 Milliarden Euro jährlich! Außerdem werden pflanzliche Produkte höher besteuert als tierische (19 vs. 7 Prozent Mehrwertsteuer). Kein Wunder also, dass letztere oft (leider) noch günstiger sind.

„WIE GESUND UND UMWELTFREUNDLICH IST VEGANER KÄSE WIRKLICH?“


Der Protein- und Kalziumanteil ist bei tierischem Käse in der Regel höher als bei pflanzlichem, das lässt sich nicht leugnen. Auch enthält das in letzteren häufig verwendete Kokosöl viele gesättigte Fettsäuren, die du bekanntlich nur in Maßen verzehren solltest. Gesundheitlich am besten fährst du mit Käsealternativen, deren Nussanteil besonders hoch ist, denn in Nüssen und Kernen stecken jede Menge Vitalstoffe. Allerdings ist auch hier der Salzanteil häufig höher als in Kuh-, Schafs- oder Ziegenkäse. Am deutlichsten ins Gewicht fällt auf der Pro-Seite sicher der ethische Aspekt: Anders als für tierischen Käse muss für die pflanzlichen Varianten kein Tier leiden oder sterben. Und auch aus ökologischer Sicht können diese punkten, wenngleich man nicht verschweigen darf, dass Zutaten wie Kokos- oder Palmöl sowie Mandeln oder Cashews nicht gerade die beste Klimabilanz haben. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) kam jedoch zu dem Schluss, dass veganer Käseersatz in aller Regel deutlich klimafreundlicher ist als tierischer Käse. So fallen bei Veggie-Varianten auf Kokosöl basis etwa 2,0 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Lebensmittel ins Gewicht, während man bei „normalem“ Käse mit im Schnitt 5,7 Kilogramm CO2-Äquivalenten rechnen muss. Alles in allem bleibt veganer Käse zwar unterm Strich eine sinnvolle Alternative, dennoch ist er vor allem ein Genussmittel, von dem du nicht ständig Unmengen verzehren solltest. So lecker er auch ist …

„TIERISCHER KÄSE MACHT SÜCHTIG!“


Dieses Argument taucht immer wieder auf und soll erklären, warum Möchtegern-Veganer*innen der Abschied von Käse so oft besonders schwer fällt. Tatsächlich gibt es verschiedene Studien, etwa der Universität Michigan, die das käsige Suchtpotenzial bestätigen: Schuld daran sei wahrscheinlich der im Milchprodukt enthaltene Stoff Casomorphin, der gebildet wird, wenn das im Käse enthaltene Milchprotein Casein im Magen verdaut wird und es zu einer Dopaminausschüttung kommt, die für ein Wohlgefühl sorgt. Allerdings gibt es auch Zweifel an dieser Theorie. Besagte Opiate würden bei der Verdauung so zerlegt, dass sie letztlich keine Wirkung auf einen erwachsenen Menschen haben. Die subjektiv empfundene süchtig machende Wirkung könne auch schlicht auf den hohen Anteil an Fett, Salz und Umamigeschmack liegen, einem Mix, dem die meisten Menschen nur schwer widerstehen können. Aaaaber: der sich durchaus auch auf pflanzliche Weise erzeugen lässt! Und das ist doch mal eine gute Nachricht.

„KANN ICH VEGANEN KÄSE AUCH SELBST HERSTELLEN?“

Aber selbstverständlich! Im Netz findest du dazu jede Menge Rezepte und auch Starter-Kits mit speziellen Kulturen zur Käseherstellung (z.B. von Fairment). Empfehlenswert sind überdies die Bücher „Käse vegan“ der Französin Marie Laforêt oder „Veganer Käse“ von Gourmetköchin Miyoko Schinner. Zwei Zutaten, auf die du immer wieder stoßen wirst, wenn es um veganen Käse geht, sind Cashewkerne, die sich aufgrund ihrer besonderen Cremigkeit und vergleichsweise kurzen Einweichzeit von ca. zwei Stunden besonders für die Käseherstellung eignen, außerdem Hefe flocken für den „käsigen“ Geschmack. Die eigenen sich übrigens auch pur als Parmesanersatz auf Nudeln, wobei ich die Variante mit Mandeln, Paranüssen oder Cashews noch ein bisschen leckerer finde: Dafür einfach die Nüsse oder Kerne mit Hefeflocken und etwas Steinsalz im Mixer zerkleinern. Weichkäse kannst du außerdem aus pflanzlichem Joghurt oder Quark sowie Hefeflocken, Agar-Agar und Gewürzen deiner Wahl herstellen.

„HABT IHR TIPPS, WELCHE KÄSE ALTERNATIVEN BESONDERS GUT SCHMECKEN?“

Die Geschmäcker sind natürlich verschieden, insofern gilt: Probieren geht über studieren! Bei uns in der Redaktion sehr beliebt sind z.B. die Sortimente von Dr. Mannah’s (Highlight: die Camembert Alternativen „Creamy White“ und „Happy White“ auf Blumenkohl- bzw. Cashewbasis!) oder Jay & Joy (Tipp für Blauschimmel-Fans: „Jeanne“ auf Mandelbasis – hmmmmm!) Toll zum Über backen ist die Mozzarella-Alternative von Vanozza oder der „No Muh, Melty“ von Vegusto, den du aber auch aufs Brot streichen kannst. In ihm stecken unter anderem Kokos- und Sonnenblumenöl sowie Mandelmus. Beim Scheibenkäse erfreuen sich Produkte von Simply V oder Vemondo großer Beliebtheit.

Du siehst: Es tut sich was auf dem vega nen Käsemarkt! Alles in allem bin ich guter Dinge, dass sich in den nächsten Jahren in Sachen vegane Käsealternativen noch so einiges tun wird, sodass die se letzte Hürde von Fast-Veganer*innen noch ein bisschen leichter genommen werden kann …

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