Illustration: Alexander Springborn
Ihr Lächeln zieht uns magisch an – doch was steckt wirklich dahinter? Über unser Verhältnis zu Delfinen – wie es ist, und wie es werden könnte …
Wir Menschen haben im Allgemeinen ein sehr positives Bild von Delfinen als den freundlichen Meeressäugern. Anders als Haien oder anderen großen Raubfischen eilt den Delfinen der Ruf voraus, ähnlich intelligent wie ihre zweibeinigen Säugetier-Kollegen auf dem Festland zu sein und sich diesen immer wieder freundlich und bereitwillig zu nähern. Seit dem Altertum kursieren Geschichten von Delfinschwärmen, die Schiffbrüchige im offenen Meer vor Hai-Angriffen bewahrt oder sie sogar an Land gebracht haben sollen. Darunter der griechische Sänger Arion von Lesbos, ein Untergebener des Königs von Korinth, der auf seinen Seereisen nach Italien und Sizilien zu
Reichtümern gelangt war. Da ihm seine Mannschaft diese neidete, verschwor sie sich gegen ihn, um ihn über Bord zu werfen. Man gab dem letzten Wunsch des Sängers, ein Klagelied anzustimmen, statt, und er nutzte diese Gelegenheit, um sich mit einem Sprung ins Meer seinen Häschern zu entziehen. Ein von Arions Musik betörter Delfin war so gerührt, dass er den Sänger vor dem Ertrinken rettete und an der griechischen Küste absetzte. Soweit die Legende, aber immerhin hat sie sich bis heute gehalten. Wie auch die Geschichte von Dionysos unter etruskischen Piraten: Nachdem er sich unter Zuhilfenahme seiner göttlichen Kräfte aus ihrer Gefangenschaft befreit hatte, verwandelte Dionysos die Piraten in Delfine, auf dass sie von Stund‘
an Gutes an Seefahrern vollbringen sollten. Es sind viele Münzen aus der griechischen Antike erhalten, die Delfine zeigen – und Menschen, die sich an ihren Flossen festhalten und durchs Wasser ziehen lassen. Seither hat sich an diesem positiv besetzten Bild des Delfins in der menschlichen Kultur wenig geändert.
Oft sieht man sie in hohen Bögen hinter Fährschiffenim Wasser planschen, und ihr Geschnatter erscheint uns ebenso ungefährlich wie das scheinbar festgemeißelte Lächeln ihrer Schnauzen, das uns nicht nur die Identifikation mit diesen Tieren erleichtert, sondern auch dazu verleitet, ihnen Freude, Spaß oder Genuss z.B. beim Vorführen von Kunststücken zu unterstellen. Tatsächlich gehen die Ähnlichkeiten zwischen Delfin und Mensch wesentlich weiter, als es diese positive Identifikation andeutet: Nicht nur, dass Delfine Kultur besitzen und Wissenstransfer betreiben (2006 entdeckte man etwa, dass indo-pazifische Tümmlerweibchen ihrer Nachkommenschaft die Verwendung von Schwämmen als Schnauzenschutz beibringen); sie geben sich auch Namen und können einander gegenseitig anhand dieser auch noch Jahre später wiedererkennen. Aber sie können auch boshaft und gewalttätig werden, wenn Streitigkeiten ausgetragen werden oder es zu Gerangel in Begattungsfragen kommt – genau wie wir. Darüber hinaus sind dem Sexualverhalten von Delfinen auch Petting, Masturbation und Homosexualität nicht fremd – eine nichtmenschliche Lebensform aus einem Lebensraum, die immer interessanter wird, je mehr Ähnlichkeiten wir zu uns entdecken.
Der Delfin, dein Freund und Helfer
In Film und Literatur werden diese Tiere – wie auch ihre Verwandten, die Wale – ebenfalls vermenschlicht dargestellt; meist begegnen wir ihnen in der Funktion weiser Ratgeber oder wohlmeinender Freunde, wie Howard, dem sprechenden Delfin in der satirischen Verschwörungssaga „Illuminatus!“ von Robert Shea und Robert Anton Wilson (und nicht zu verwechseln mit dem Abenteuerroman ähnlichen Namens). Im Thriller „Orca“ von 1977 sind es die allzu menschlichen Emotionen der Trauer und des Zorns, die zum Showdown zwischen Richard Harris und dem titelgebenden Schwertwal führen – und die aus „Moby Dick“ bekannte Jäger-/Gejagter-Konstellation umkehren. Nachdem 1986 in „Star Trek IV“ das Überleben der Menschheit direkt von dem der Buckelwale abhängig gemacht wurde, sensibilisierte ab 1993 die „Free Willy“-Filmreihe in Kino und Fernsehen für die Problematik der Haltung von marinen Wildtieren in Zoos. Die Bemühungen von Studio und Publikum, den seit 15 Jahren in Meeressäuger
Gefangenschaft lebenden „Willy“-Darsteller, den (taxonomisch ebenfalls zu den Delfinen zählenden) Schwertwal Keiko erfolgreich auszuwildern, erzeugten ein riesiges Medienecho. In der relativ kurzlebigen TV-Serie „SeaQuest DSV“ (1993-96) begegnen wir wiederum einem wohlwollenden Delfin, mit dem man sich dank futuristischer Übersetzungstechnologie unterhalten kann. Die gezeigte Technik wie auch die Hauptfigur des U-Boot-Kapitäns basieren auf dem Werk und der Person von John C. Lilly , einem Pionier in so unterschiedlichen Gebieten wie Neurologie, Computerwissenschaft und Psychologie, der sich in der letzten Phase seines Forscherlebens den Delfinen und der Kommunikation mit ihnen widmete. Und wir alle erinnern uns natürlich an Flipper, den freundlichen Fernseh-Delfin aus den 1960er Jahren […]
Den vollständigen Artikel gibt’s ab Seite 18 in der August/September-Ausgabe 2015, die Sie hier bestellen können. Alle Hefte schicken wir Ihnen portofrei zu.