Palmöl: Der Ölkrieg

Palmöl_Illustration

Illustration: Alexander Springborn

 

Warum Pflanzenfett aus Ölpalmen fast überall ist – und warum es das nicht sein sollte.

 

Wir sind umgeben von Ideen, Erfindungen und Entdeckungen, die uns das Leben angenehmer machen sollen. Solch praktische Innovationen wie Elektrizität, Mobiltelefone und das World Wide Web, so nutzbringend sie auch sind, erweisen sich jedoch auch gern als zweischneidiges Schwert, wenn uns bewusst wird, dass sie so allgegenwärtig geworden sind, dass ohne sie nichts mehr geht. Aber auch etwas scheinbar Profanes wie Pflanzenfett kann sich so weit verbreiten, dass man den Eindruck bekommt, man käme nicht mehr ohne aus. Dabei übersieht unsere hochtechnisierte Konsumgesellschaft allzu oft geflissentlich, dass in den ärmeren Teilen der Welt große und kleine Konzerne für unsere Grundversorgung wie für Luxusgüter gleichermaßen Umweltverbrechen in gigantischen Ausmaßen begehen. Die grüne Lunge des Planeten wird vernichtet und einheimische Landwirte werden mit Methoden unter Druck gesetzt, die sich von den Exzessen der Kolonialzeit nur dadurch unterscheiden, dass aus militärischen Unterwerfungsstrategien ökonomische geworden sind – die sich den Anschein zivilrechtlicher Legitimität geben.

 

Seit Jahren sind die Fronten klar: Auf der einen Seite der weltweit größte Lieferant von Palm- und Palmkernöl, die Wilmar-Group mit Sitz in Singapur, und deren Subunternehmer und Konkurrenten; auf der anderen Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, Rettet den Regenwald und Robin Wood, die unermüdlich die Machenschaften ihrer Gegner ans Licht der Öffentlichkeit zerren und auf Missstände aufmerksam machen. Denn die Klagen über illegale Rodungen, gigantische Palmöl-Monokulturen und die systematische Vertuschung der Verbreitung von Palmöl in den Produktpalet-ten der Konsumtempel reißen nicht ab. Wie der Kurzfilm „Die Nachhaltigkeits-Lüge“ dokumentiert, geht der Wilmar-Konzern eigenmächtig gegen die einheimischen indonesischen Bauern vor, unterzieht diese willkürlichen Kontrollen durch privates Sicherheitspersonal und überzieht sie mit zermürbenden Klagen, um die Konkurrenz aus dem Feld zu räumen. Dabei wird die Exekutive zum Handlanger von Profitinteressen degradiert, denn während die indonesischen Ureinwohner mit falschen Versprechungen aus ihrer angestammten Heimat gelockt werden sollen, wird, wo dies nicht funktioniert, einfach illegal gerodet, damit gigantische Plantagen für Ölpalmen angepflanzt werden können.

 

Palmöl ist (fast) überall

 

Jüngster Höhepunkt im Streit um das Palmöl ist die zu Jahresanfang in Deutschland wirksam gewordene Kennzeichnungspflicht für palm(kern)ölhaltige Produkte. Denn bislang firmierte selbiges hierzulande unter allerlei Bezeichnungen, die zum Teil bewusst irreführend waren, um von der Tatsache abzulenken, dass Palmöl das am meisten verwendete Pflanzenöl weltweit geworden ist. Man findet es sowohl in Nahrungsmitteln als auch in Körperpflegeprodukten; es wird zur Energiegewinnung ebenso eingesetzt wie zur Herstellung von Schmierfett und in der Pharmazeutik. Als billiger Rohstoff ist Palmöl bei der Industrie begehrt und landet so in etwa der Hälfte aller Supermarktprodukte: In Lebensmitteln wie Margarine, Nougatcremes und Speiseeis, aber auch in Fertigsuppen, Tiefkühlpizzen, Keksen und Schokoriegeln ist es enthalten, darüber hinaus in Kerzen, Wasch- und Reinigungsmitteln. In der Kosmetik findet es ebenso Verwendung wie in Heizkraftwerken und in Bio-Diesel – wodurch die beteiligte Industrie obszönerweise auch noch zusätzlich durch die EEG-Umlagen mit Steuergeldern beschenkt wird.

 

Die vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten von Palmöl und Palmkernöl und seine hohe Ergiebigkeit machen es zum effizientesten (und damit billigsten) Pflanzenöl, das es momentan auf dem Markt gibt. Um einen Eindruck zu bekommen: Aus einem Hektar Raps lässt sich knapp eine Tonne Öl gewinnen, aus einem Hektar Ölpalmen das Vierfache – unter guten Anbaumethoden sogar bis zu acht Tonnen! Ölpalmen benötigen auch weniger Land: mindestens sechsmal weniger als Soja. Das macht die pflegeleichte Ölpalme im weltweiten Wettbewerb wesentlich lukrativer als andere Ölpflanzen wie Sonnenblumen, Soja oder Raps.

 

Herkunft und Erfolgsgeschichte

 

Palm(kern)öl wird aus den Früchten der Ölpalme (Elaeis guineensis) und deren Kernen gewonnen, welche ursprünglich in Westafrika beheimatet war, sich aber im vergangenen Vierteljahrhundert mit der wachsenden Nachfrage nach billigem Pflanzenöl über die ganze Welt ausgebreitet hat. Heute sind nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit rund 18 Millionen Hektar mit Ölpalmen bepflanzt. Das entspricht fast der doppelten Fläche Portugals. Seit 1990 hat sich die Anbaufläche dem WWF zufolge verdoppelt, in Indonesien gar verzehnfacht. 2013 wurden rund 58 Millionen Tonnen des rötlich-goldenen Öls produziert, von denen etwa die Hälfte von Indien, China und der EU eingekauft wird. Mit der wachsenden Bevölkerung in Indien und China ist ein weiter Anstieg des Bedarfs absehbar – womit wiederum die Abholzungen zunehmen dürften. Neben Indonesien gehört Malaysia zu den größten Palmölproduzenten: Zusammen beliefern sie ihre Abnehmer mit rund 90 Prozent des weltweit hergestellten Palmöls. Niederländische Seefahrer brachten 1848 die ersten Ölpalmen aus Afrika nach Indonesien; seither ist die Palmölproduktion dort eine immens boomende Wachstumsbranche geworden, von der jedoch nicht alle Beteiligten gleichermaßen profitieren. Am besten gedeihen Ölpalmen im Regenwaldklima, also dort, wo hohe Feuchtigkeit und Temperaturen vorherrschen und die Böden torfig sind. So finden sich billige Flächen für neue Ölpalm-Plantagen vornehmlich in Urwaldgebieten, deren Besitzverhältnisse gerade in traditionellen Landwirtschaften wie denen Indonesiens, wo die Bauern seit Jahrhunderten ihre angestammten Parzellen bewirtschaften, oftmals nur ungenau (oder gar nicht) dokumentiert und rechtlich bindend verbrieft sind. Das schafft ein Einfallstor für Landnahmen durch Firmen wie Wilmar und deren Subunternehmer. Die Regierungen vergeben dort große Konzessionen an die Ölpalmkonzerne, und mit dem Einschlag und Verkauf von Edelhölzern können wiederum die Investitionskosten für die Ölpalmplantagen finanziert werden. Unter Umständen können sogar internationale Fördergelder und Weltbankkredite – ironischerweise zur Förderung des Wirtschaftsaufbaus in der sogenannten Dritten Welt und den Schwellenländern – in Anspruch genommen werden. (…)

 

Den ganzen Artikel gibt’s ab Seite 18 in der April/Mai-Ausgabe 2015, die Sie hier bestellen können. Alle Hefte schicken wir Ihnen portofrei zu.

 

 

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