Voll auf die Zwölf: Der Jurist und Autor des Buches „Vegan im Recht“ über die rechtliche Lage zum Thema Vitamin B12 und Supplementierung.
Lange macht er sich nicht bemerkbar, die Folge eines Vitamin-B12-Mangels sind allerdings fatal: Konzentrationsschwierigkeiten, Muskelschwäche, Nervenschäden, Blutarmut. Wer sich dauerhaft vegan ernährt, entwickelt nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Medizin zwingend einen Vitamin B12-Mangel. Vegane Patient*innen haben daher ein Interesse daran, ihren Vitamin-B12-Status medizinisch im Rahmen eines Tests zu überprüfen. Es stellt sich die Frage, ob Krankheiten hierfür aufkommen dürfen oder gegebenenfalls auch müssen. Über den aktuellen Stand der Dinge:
Vitamin B12-Test als satzungsmäßig vorgesehene Leistung?
Eine dem Veganismus gegenüber aufgeschlossene Krankenversicherung hatte in ihrer Satzung die Übernahme von Vitamin-B12-Tests für Veganer*innnen vorgesehen. Diese Praxis wurde der sozialgerichtlichen Prüfung zugeführt. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz war jedoch der Meinung, dass dies nicht möglich sei und begründete es hauptsächlich damit, dass vegane Patient*innen nicht notwendig einen Vitamin-B12-Mangel entwickeln würden. Obwohl die Revision zugelassen wurde, verzichtete die Kasse darauf, eine höchstrichterliche Klärung dieser kontroversen Rechtsfrage herbeizuführen. Die Rechtsfrage bleibt daher juristisch offen und kann von anderen Gerichten anders beurteilt werden.
Vitamin-B12-Test im Bonusprogramm?
Krankenkassen dürfen Bonusprogramme regeln. Bei den Bonusprogrammen gibt es Vorteile für Verhaltensweisen, die im Interesse der Gesundheit des Versicherten sind. So zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen, regelmäßige Zahnprophylaxe, Sport, Yoga und Ähnliches. Es besteht daher die Möglichkeit, dass Krankenkassen derartige Verhaltensweisen mit Zuzahlungen bei Nahrungsergänzungsmitteln belohnen. Hier hat z.B. die BKK ProVita im Hinblick auf Vitamin B12 eine wertvolle Pionierarbeit geleistet.
Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel?
Nach ständiger Rechtssprechung werden Nahrungsergänzungsmittel nicht von den Krankenkassen bezahlt. Da Menschen, die sich vegan ernähren, aber zwingend einen Vitamin-B12-Mangel entwickeln, ist diese Praxis in diesem Fall zweifelhaft. Hier wäre interessant, ein Musterverfahren zu führen. Es stellt sich daher die Frage, ob Veganer*innen warten müssenm bis sie erkrankt sind, um dann Vitamin B12 von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen.
Vitamin B12 als medizinisch indiziertes Medikament?
Wenn Veganer*innen unter Vitamin-B12-Mangel leiden, übernimmt die Krankenkasse die Therapiekosten, da eine medizinische Indikation vorhanden ist. Wenn eine Arzt die medizinische Indikation der Gabe von B12 attestiert, wird die Krankenkasse die Kosten übernehmen.
Fazit: Im Ergebnis wird die Frage, ob die Krankenkasse Vitamin B12 und den Vitamin-B12-Test übernimmt von der Darstellung des behandelnden Arztes / der Ärztin abhängen. Aus Sicht der Betroffenen ist es wünschenswert dass zukünftig alle Krankenkassen im Vorfeld Vitamin B12 finanzieren. Als Patient*innen haben es Veganer*innen in verschiedenen Bereichen noch schwer, so z.B. bei der Versorgung mit künstlicher Ernährung, bei der Versorgung mit veganen Produkten im Falle der Demenz und bei der Information über nicht vegane Komponenten in Medikamenten und Impfstoffen.
INFO:
Ob bei PETA, ProVeg oder als Referent auf Kongressen und Messen. Der in Berlin lebende Rechtsanwalt ist Experte auf dem Gebiet „Veganes Recht“ und hat dazu sogar ein gleichnamiges Buch veröffentlicht. Denn es gibt leider viele Lebensbereiche, in denen vegan leben Menschen systematisch diskriminiert werden, z.B. bei der Versorgung im Krankenhaus, der Polizei, in Kitas oder im Altersheim. Ralf Müller-Armenitsch ist aufgrund seines Fachwissens mittlerweile zu einem international anerkannten Experten geworden. Er gibt Workshops, organisierte 2016 das 1. Internationale Symposium zu veganem Recht mit Teilnehmer*innen aus elf verschiedenen Nationen und ist deutscher Repräsentant der International Vegan Rights Association (IVRA).
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