Knapp acht Minuten ist das Video lang. Es bringt uns auf Augenhöhe mit Schweinen im Schlachthof. Den Blick können wir wenden, wie wir wollen, 360 Grad. Bewegen aber können wir uns nicht. Wie die Schweine. Auch nicht, als es zur Schlachtbank geht.
Schlachthofvideos gibt es viele. Manche haben sie überzeugt, kein Fleisch mehr zu essen. Oft aber sind die Bilder so schockierend, dass wir auf Distanz bleiben zu dem grausamen Geschehen, das wir da sehen – es bleibt zweidimensionales Bewegtbild, bleibt Film. Wir sind nur Zuschauer. Im Video iAnimal 360°, das die Tierschutzorganisation Animal Equality am 1. März auf YouTube veröffentlicht hat, ist solche Distanz kaum mehr möglich. Denn wir selbst schlüpfen in die Perspektive und damit in die Rolle der Schlachtschweine. Blicken durch ihre Augen in das triste Stallleben, auf die Wunden unserer eingepferchten Nachbarn, auf die eingekasteten Sauen, umgeben von vor Angst schreienden Ferkeln und der blutigen Masse der Nachgeburt.
Und wir blicken durch ihre Augen, als es zur letzten Station geht: Vor uns sterben die Artgenossen durch Kehlenschnitt, zappelnd an einem Bein aufgehängt – manche bei vollem Bewusstsein. Auch hier: Wir können den Kopf drehen und wenden, wir können den Blick auch gegen die Wand richten, um das blutige Geschehen nicht sehen zu müssen – aber fortbewegen, weglaufen, das können wir nicht. Wie es ein Schlachtschwein erlebt. Es ist mehr als nur beklemmend.
Thomas D.s Stimme begleitet uns auf diesem grausamen Trip. Die Tierrechtsorganisation „Animal Equality“ hat eineinhalb Jahre an dem Video gearbeitet. Herausgekommen ist ein Dokument, das in den ersten Momenten durch seine technologische Raffinesse fasziniert – Rundumblick wie mit einer Virtual Reality-Brille, doch das auf YouTube – und dann selbst jene noch schockiert, die schon ihre Erfahrungen mit Schlachthofvideos haben.
Die emotionale Distanz zu dem, was wir sehen, geht spätestens dann verloren, wenn uns unsere eingepferchten tierischen Nachbarn durch die Gitter der Stallboxen direkt in die Augen blicken. Klar: Sie hatten den Kameramann vor sich und schauen nun gleichermaßen neugierig wie traurig in unsere Richtung. Zugang zu den Schlachteinrichtungen – fünf Länder, darunter auch Deutschland – wurde den Tierrechtlern übrigens in einigen Fällen sogar frei gewährt. Juristischen Ärger gab es nicht. Das überrascht nicht, denn was in den Aufnahmen zu sehen ist, ist normal und legal. Auch, als eines der Schweine, mit schon aufgeschlitzter Kehle, sich von der Hängevorrichtung strampelt und in die Blutwanne knallt. Die Betäubung hatte nicht funktioniert. Kommt vor.