„Die Zukunft isst gesund“ – Futurologe Max Thinius im Interview

Was werden wir hierzulande nicht erleben?
Max Thinius: Dass die Leute Insekten essen. Es werden sicherlich weltweit mehr Insekten gesessen werden, aber dann hauptsächlich in Ländern, in denen das kulturell verankert ist.

Davon gehen wir ebenfalls nicht aus. Woher werden wir deiner Ansicht
nach zukünftig unsere Proteine beziehen?
Max Thinius: Es wird mit der zunehmenden Rückkehr eine Verlagerung in Richtung pflanzlicher Proteine geben. Wir werden auch noch tierische Proteine zu uns nehmen, allerdings werden diese eben auch aus In-Vitro-Fleisch gewonnen. Wie gesagt, da vermuten wir ja, dass der Preis für dieses Fleisch in den nächsten Jahren auf Filetpreis-
Niveau sinken wird.

Worauf basiert diese Annahme?
Max Thinius: Noch vor 14 Jahren war eine Gensequenzierung praktisch unbezahlbar. Mittlerweile sind wir bei 35 Dollar angekommen. In fünf Jahren werden wir höchstwahrscheinlich unter einem Cent liegen. Das heißt, jedes Mal, wenn man ins Badezimmer geht, wird man sich seine Gene sequenzieren lassen und gucken können, wie es dem eigenen Körper geht. Die Zahnbürste ist nur ein erster Schritt. Wir werden noch viele weitere Daten über den eigenen Gesundheitszustand sammeln können.

Lass uns über das „Wie“ sprechen. Wie werden wir essen? Früher saß die Familie gemeinsam am Tisch, heute essen wir oft zwischen Tür und Angel. Wie sehen die Tischgemeinschaften der Zukunft aus?

Foto: Tarik Rose

Max Thinius: Dadurch, dass wir anders leben werden, werden wir wieder mehr Zeit fürs Essen haben. Schon jetzt sind wir durch Corona mehr im Homeoffice. Wir werden in Zukunft nicht nur Co-Working, sondern auch Co-Living haben. Es gibt ja Studien, die besagen, dass immer mehr Menschen in Städten leben werden. Diese Studien beinhalten das industrielle Denken, das wir heute haben. Das ist generell richtig, aber wir merken auch, dass sich das ändert. Menschen wollen nicht mehr in großen Metropolen leben und werden in den nächsten Jahren in kleinere und mittelgroße Städte ziehen, weil dort die Lebensqualität höher ist.

Eine schöne Vorstellung: Man lebt dank Digitalisierung optionaler und
entspannter …
Max Thinius:
Ja, dadurch, dass wir nicht mehr so weit fahren müssen, um Dinge zu erledigen, werden wir vermutlich auch wieder häufiger gemeinsam essen. Wir leben wieder autark und selbstbestimmter, wie in der Agrarwirtschaft und müssen nicht wie in der Industrialisierung für ein anonymes industrielles Rad tätig sein. Aber: Wir müssen dazu Kompetenzen lernen, die wir verlernt haben. Das ist die größte Herausforderung. Wir haben z.B. in der Industrialisierung gelernt, Entscheidungen zu befolgen und umzusetzen. Das ändert sich.

Die sozialen Medien ermöglichen uns, uns selbst zu verwirklichen und
uns eine eigene Existenzgrundlage aufzubauen. Der Hashtag Food (#Food) etwa wächst exorbitant schneller als früher …
Max Thinius: Ja, das ist sehr spannend – und gleichzeitig eine logische Folge. Die Ernährungsweise ist wichtiger als das Aussehen. Das muss man auch genetisch verankern. Wenn wir merken, das sich unser Umfeld massiv verändert, dann gehen bei uns genetisch bedingt die Alarmsignale los. Wir stellen fest: Sich-hübsch-Machen ist nicht so wichtig ist wie Nahrungsbeschaffung. Deshalb gibt es z.B. die Craft-Bewegung.

Also die Rückbesinnung auf alte Kulturtechniken?
Max Thinius: Ja, viele stellen sich plötzlich die Frage:„Wie baue ich etwas an?“ Das passiert nicht nur, weil wir das ganz schick finden, sondern weil wir merken, dass sich gerade massiv etwas ändert und dass es gut ist, sich auf ursprüngliche Kenntnisse zurückzubesinnen, um das eigene Leben zu schützen. Durch die Industrialisierung hat sich 80 Prozent unseres Alltags verändert. Das wird jetzt auch jetzt wieder passieren.

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