Wenn man beginnt, sich mit den Konsequenzen des eigenen Konsums auseinanderzusetzen, prasseln die Informationen wie scharfe Pfeile auf einen nieder. Was also tun? Ganz einfach: langsam anfangen. Einen Schritt nach dem nächsten gehen. Und Nachhaltigkeit endlich als Chance begreifen.
Autorin: Jacqueline Flossmann
Wenn man einem Großteil der Wissenschaftler*innen Glauben schenkt (und das tun wir), dann muss sich vor allem der westliche Lebensstil grundlegend verändern, um den Planeten Erde als weiterhin bewohnbar zu erhalten. Schenkt man demselben Großteil der Forscher*innen weiter Glauben (und das tun wir), dann sollte die Ernährung mit den Anfang machen. Denn Fakt ist: eine Lebensmittelindustrie, wie sie aktuell großflächig arbeitet, hat keine Zukunft. Nicht nur das Leiden der Tiere ist inzwischen nicht mehr zu rechtfertigen, auch die fatalen Auswirkungen auf die Umwelt lassen sich nicht wegdiskutieren. Die so derzeit entstehenden Treibhausgasemissionen machen mindestens 15% des weltweiten Ausstoßes aus, die damit zusammenhängenden Monokulturen, die Waldrodungen und Bodenerosionen sind zu viel für die Erde. Es ist höchste Zeit, die Reißleine zu ziehen. Die folgenden Seiten geben einen kleinen Überblick über die eigenen Handlungsspielräume und zeigen außerdem auf, was innovative Produzent*innen sich einfallen lassen, um Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt unseres Tellers zu rücken.
MEHR PFLANZEN AUF DEN TELLER
Je mehr Pflanzen man in seinen Speiseplan integriert, desto stärker schützt man seine Umwelt. Denn: Tierhaltung ist eine höchst ineffiziente Rechnung. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, benötigt man beispielsweise um die 15.000 Liter Wasser und 1,7 Kilogramm Kraftfutter. Letzteres enthält Weizen, Mais und vor allem Soja, dessen großflächiger Anbau für die Rodung der Regenwälder verantwortlich ist. Zudem stoßen Rinder über die Verdauung Methan aus, ein Gas, das etwa 20 mal schädlicher ist als CO2. Laut jüngsten Rechnungen des Öko-Instituts e.V. in Berlin verbraucht eine fleischbetonte Ernährung etwa sieben Mal soviel Fläche wie eine vegane Lebensweise. Die Produktion von Obst und Gemüse erzeugt nur einen Bruchteil der Treibhausgasemissionen von Fleisch- und Käseerzeugung. Auch der Wasserverbrauch ist bei einer Ernährung mit tierischen Lebensmitteln um ein vielfaches höher. Gut nur, dass pflanzlich essen heute so einfach und lecker ist wie nie zuvor. Das zunehmende Interesse der Konsument*innen sorgt für einen dynamischen Markt, auch für Ersatzprodukte. Selbige wiederum erleichtern vielen den Veganismus und zeigen auf, dass man geliebten Gerichten, die man mit warmen Erinnerungen verknüpft, nicht abschwören muss. Und wenn man dann noch das gute Gewissen einrechnet, schmeckt ein deftig-knuspriges Sojaschnitzel mit Kartoffelsalat mindestens doppelt so gut.
WENIGER PLASTIK IN DIE TÜTE
War Plastik bis in jüngste Zeiten noch der letzte Schrei, sieht sich die Menschheit nun mit den Folgen des praktischen Verpackungsmaterials konfrontiert. Und so ist inzwischen das Bild des vermüllten Paradieses zum Sinnbild geworden. Strände versinken in Plastik, Müllteppiche so groß wie Zentraleuropa schwimmen im Nordost-Pazifik, Fische und Vögel verenden in den Überresten menschlicher Abfälle. Für eine nachhaltige Lebensweise ist es deswegen unabdinglich, den eigenen Plastikkonsum zu überdenken. Wer eine eigene Tasche mitbringt, braucht keine Plastiktüte im Supermarkt. Wer so viel loses Obst und Gemüse wie möglich kauft, spart Verpackungsmüll. Mehrweg-Glasflaschen sind besser als Plastikflaschen, Leitungswasser direkt ins Trinkglas abgefüllt noch besser. Das Profi-Level: Neben Supermärkten und Bioläden in speziellen Unverpackt-Läden einkaufen, die es inzwischen in fast jeder mittelgroßen Stadt gibt. Kaffee to go kann in selbst mitgebrachte Becher gefüllt werden. Auch flächendeckende Pfandsysteme sind ein großer Fortschritt. Die Initiative „Recup“ bzw. „Rebowl“ z.B. bietet ihre mehrfach verwendbaren Becher und To-go-Schalen an, die man in allen teilnehmenden Restaurants gegen ein Pfand mitnehmen bzw. zurückgeben kann. Vor allem in Pandemie-Zeiten ein wichtiges Signal, da in den letzten zwei Jahren der Verpackungswahnsinn – teilweise, weil es nicht anders ging – enorm zugenommen hat.
REGIONAL UND SAISONAL IN DEN KORB
Erdbeeren im Winter, die Avocado aus Chile, die Physalis aus Australien und das, wann immer man möchte. Dass sich das alleine schon wegen der Transportwege nicht positiv auf die Klimabilanz eines Nahrungsmittels auswirken kann, ist den meisten klar. Dass hin und wieder eine kleine Klimasünde im Einkaufskorb landet, ist absolut in Ordnung, doch im Großen und Ganzen lohnt es sich wirklich, so regional und saisonal wie möglich zu essen. Der Saisonkalender hilft bei der Übersicht und zeigt auf, dass man auch im Winter ohne schlechtes Gewissen zu leckeren Wurzelgemüsen, Kohlsorten, Lauch und Kürbis greifen kann, die in kalten Zeiten deftig zubereitet ein wohlig warmes Gefühl in die Magengrube zaubern
STRUKTUR IN DEN KÜHLSCHRANK
Ein weiterer Baustein, der die eigene Konsumentscheidung positiv beeinflussen kann: ein wenig Bedenkzeit und Planung. Wer mit Struktur einkauft und weiß, welche Lebensmittel wie und wann verarbeitet werden können, läuft weniger Gefahr, etwas wegwerfen zu müssen. Alleine in Deutschland landen jährlich rund 12 Millionen Tonnen Nahrungsmittel im Müll, für 52 % davon sind Privathaushalte verantwortlich. Aufgeschlüsselt sind das um die 75 Kilogramm Lebensmittelabfall pro Kopf pro Jahr. Eine erschreckende Zahl, der mit mehr Planung und einem Händchen für Resteverwertung entgegengewirkt werden kann.