Die Nachfrage an vegetarisch-veganen Gerichten steigt, doch wer eine Ausbildung zum Koch/zur Köchin macht, muss Fleisch und Fisch zubereiten. Profikoch und Buchautor Matthias Biehler will das ändern.
Von: Susann Döhler
Herr Biehler, ist die Küche der Zukunft pflanzlich?
Die pflanzliche Küche ist enorm stark im Kommen – den Trend gibt es ja schon lange, aber gerade in jüngster Zeit wird er immer stärker. Ich denke, das liegt an
aktuellen Themen wie dem Klimawandel, aber auch an der Lust auf eine neue Küche.
Jeder Kochlehrling in Deutschland muss tierische Produkte zubereiten können. Welche Lösungen gibt es aktuell für Vegetarier*innen und Veganer*innen, die den Beruf Koch bzw. Köchin erlernen möchten?
Momentan fehlt noch eine gute Lösung. Zwar kann man als Azubi theoretisch auch in einem Veggie-Restaurant eine Ausbildung machen. Aber in der Berufsschule und spätestens in der Prüfung muss Fisch und Fleisch zubereitet werden. Eine Veggie-Ausbildung gibt es nur als Zusatz, also nach der regulären Ausbildung.
Sie möchten die Ausbildung zum Koch modernisieren und haben eine „Petition zur Schaffung des Ausbildungsberufes zur/zum vegetarischen/veganen Köch*in” gestartet – fast 20.000 Personen haben bereits unterzeichnet. Wie geht es weiter?
Ab September 2020 wird die Neuordnung des Berufs Koch/Köchin beraten, geleitetvom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Ich will dann die Unterschriften einreichen und hoffe, dass das etwas bewirkt. Gut ist, dass die Verantwortlichen die Petition schon kennen; mein Eindruck ist, dass die Offenheit für „Veggie“ allmählich steigt.
Lassen Sie uns über Ihr Buch sprechen: Das „Lehrbuch der vegetarischen und vegangen Küche” ist ein 792 Seiten umfassendes Nachschlagewerk. An wen richtet sich das Buch?
Als Lehrbuch richtet sich „Vitamin V“ eigentlich an Azubis und Profis – denn der Bedarf nach v/v steigt, und die Ausbildung ist lückenhaft. Allerdings wird das Buch auch von vielen Laien gekauft, denn das Feedback ist oft: „Ich bin begeistert, weil die Sprache einfach ist, und weil auf Augenhöhe gelehrt wird.“
Welches Ziel verfolgt das Buch?
Ziel des Buchs ist es letztlich, das Kochen und Backen zu verstehen und so zu verbessern. Das kann klappen, wenn man die Dinge einfach macht und auch mal erklärt, wie was zusammenhängt. Es ist wichtig nicht nur zu sagen wie, sondern auch warum man bestimmte Sachen macht.
Kochbücher gibt es immer mehr. Trotzdem mangelt es häufig an Ideen und Kochfertigkeiten. Woran liegt das?
Fast alle Kochbücher arbeiten mit Rezepten. Wenn man aber die Grundlagen nicht kennt, kann auch das Nachkochen von Rezepten schiefgehen. „Vitamin V“ arbeitet deswegen nicht mit Rezepten, sondern mit einfachen Anleitungen, die immer funktionieren, sogar unabhängig von bestimmten Zutaten.
Zum Schluss: Kochen wie ein Profi – was sollte man dabei in jedem Falle
berücksichtigen?
Am wichtigsten finde ich den Spaß am Kochen. Dafür ist es gut, wenn man das kochen kann, worauf man am meisten steht – auch und gerade, wenn man
ungewöhnlich kocht. Außerdem finde ich, dass Top-Zutaten wichtig sind – gerade in der pflanzlichen Küche müssen sehr gute Zutaten nicht teuer sein.
Info:
Als Koch arbeitete Matthias Biehler am liebsten im Landhaus am
Schlosspark in Rastede. Besonders prägten ihn die eigenen Restaurants, zum Beispiel ein vegetarisches Restaurant in Marburg in den Neunzigern oder bis vor
einigen Jahren ein Bio-Restaurant in Bremen. Und damit nicht genug:
Er veröffentlichte ein Nachschlagewerk für die vegetarisch-vegane Küche und rief eine Petition ins Leben, in der er eine fleischfreie Kochausbildung fordert. Seine Motivation? Dass der tolle Beruf durch die gute und spannende Ausbildung wieder attraktiver werden soll. Mehr zur Petition findest du unter: weact.campact.de/petitions/ausbildung-vegetarischerveganer-koch-kochin-jetzt-1. Mehr zu seinem Nachschlagewerk
gibt es unter: vitamin-v.de