Aus dem Leben einer veganen Mutter
Das SZ-Magazin hat eine neue Kolumne, die ich sehr mag. Autorin Lisa Frieda Cossham ist wie ich eine Teilzeitmutter. Sie schreibt über leere Betten und das blöde Gefühl, ausgeschlossen zu sein, wenn ihre Kinder beim Vater und der neuen Familie sind; über unbekannte Kleidungsstücke und neue Frisuren. Über Erlebnisse ihrer Töchter, die nach elf gemeinsamen Jahren nun teilweise ohne sie, die Mutter, stattfinden. Es klingt, als sei sie über die neue Lebensituation nicht besonders glücklich.
Seit Ostern leben wir ganz ähnlich. Zwei Kinderzimmer, zwei Badeanzüge, zwei Paar Hausschuhe – meine Tochter hat seitdem nahezu alles zweimal. In ihrem Kindergarten ist sie das einzige Kind mit getrennten Eltern. Für sie ist die Trennung erst spürbar, seitdem ihr Papa und ich nicht mehr zusammenwohnen. Manchmal stört sie sich daran und manchmal fragt sie traurig nach dem Warum. Meistens aber findet sie es ziemlich cool, denn sie ist dadurch in ihrem Kindergarten auch etwas Besonderes.
Der Vater meiner Tochter und ich verstehen uns gut. So gut, dass ich ihn um Erlaubnis gefragt habe, bevor dieser Text online gestellt wird. Nach all den gemeinsamen Jahren fühlen wir uns verbunden – nicht nur unserer Tochter zuliebe. Seine neue Freundin mag ich genauso gerne wie das Gefühl, Teil einer zumeist fröhlichen Patchwork-Familie zu sein.
Trotzdem weiß ich auch um die Schattenseiten, wache an den Papa-Tagen morgens verwirrt auf, wenn die andere Seite meines Betts leer ist, bin erstaunt, wie viel Zeit ich auf einmal für mich selbst habe. Und genauso wie Lisa Frieda Cossham kenne ich die schleichende Angst, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Ich kann nur ahnen, was es im zweiten Zuhause meiner Tochter zu essen gibt, ich kann bitten, meine Erziehungsweise – vor allem in Sachen Ernährung – nicht über Bord zu schmeißen. Aber darf ich das auch erwarten? Letztens fuhren meine Tochter und ich mit dem Bus am Tierpark vorbei. „Gehen wir endlich mal in den Zoo“, fragte sie. Sie fragt das mindestens so oft, wie ich ihr erkläre, warum genau wir nicht dahin gehen. „Dann gehe ich eben mit Papa“, lautet ihre Antwort, die mir einen Stich versetzt. Ich erkläre es ihr nochmal in aller Ruhe, während der halbe Bus zuhört. Erzähle von gefangenen Tieren, die viel zu wenig Platz haben und nicht selten mit Medizin ruhiggestellt werden. „Hm“, macht sie und erzählt abends ihrer Oma: „Wir gehen nicht in den Zoo, weil wir Veganer sind.“
„Aha“, macht meine Mutter.
Kim Schumacher ist Mutter einer vierjährigen Tochter und lebt seit 2013 vegan. Sie ist Volontärin des Veggie Journals und berichtet regelmäßig aus ihrem veganen Familienalltag. Gemeinsam mit Tochter und Hündin lebt Schumacher in München.